Medizin
COPD beginnt schon im frühen Erwachsenenalter
Freitag, 10. Juli 2015
Kopenhagen – Wer bereits als junger Erwachsener eine eingeschränkte Lungenfunktion hat, erkrankt im Alter häufiger an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Dies zeigt eine Auswertung von drei Kohortenstudien im New England Journal of Medicine (2015; 373: 111-122).
Rauchen ist der wichtigste Risikofaktor für die COPD. Die Forschung geht davon aus, dass die chronische Einwirkung der Schadstoffe auf die Bronchien für 85 Prozent aller COPD-Erkrankungen verantwortlich ist. Nach den derzeitigen Konzepten kommt es im Verlauf der Raucherkarriere zu einem stetigen Verlust an Lungenfunktion. Das forcierte exspiratorische Volumen (FEV1) nimmt infolge des Rauchens stärker ab als bei anderen Menschen, bis es nach mehreren Jahrzehnten zur COPD kommt.
Nach der jetzt von Peter Lange, Universität Kopenhagen, vorgestellten Analyse von drei großen Kohortenstudien (Framingham Offspring Cohort, Copenhagen City Heart Study und Lovelace Smokers Cohort) ist dieses Konzept zu einfach. Etwa die Hälfte aller Menschen, die später an einer COPD erkrankten, hatte bereits als junger Erwachsener (vor dem 40.Lebensjahr) eine verminderte FEV1 (von weniger als 80 Prozent des zu erwartenden Werts): Von ihnen erkrankten 26 Prozent im Verlauf von 22 Jahren an einer COPD. Unter den Personen mit einer FEV1 von mehr als 80 Prozent in jüngerem Alter lag der Anteil der späteren COPD-Erkrankungen nur bei 7 Prozent. Eine ungünstige Ausgangs-FEV1 verdreifachte damit das Risiko auf eine spätere COPD.
Lange ermittelte vier Entwicklungsverläufe (Trajektorien) des FEV1: Am häufigsten ist die Trajektorie 1 mit einem hohen FEV1 im jungen Alter und einem normalen altersbedingten Abfall. Hier kommt es selten zu einer COPD. Die zweite Trajektorie hat ein niedriges Ausgangs-FEV1, das dann im weiteren Verlauf des Lebens ingesamt stabil bleibt. Diese Menschen erkranken später ebenfalls nur selten an einer COPD.
Die Trajektorie 3 entspricht dem derzeitigen Konzept der COPD: Lungengesunde Menschen mit einem normalen FEV1 im jungen Erwachsenenleben verlieren – in der Regel, weil sie starke langjährige Raucher sind – überdurchschnittlich schnell an FEV1 und erkranken im Alter an einer COPD. Die Trajektorie 4 ist die von Lange neu beschriebene Variante: Menschen, die im Erwachsenenalter niemals ein normales FEV1 erreichen, erkranken nach einem vergleichsweise geringen stetigen Abfall des FEV1 im Alter an einer COPD.
Der wichtigste Grund, warum es bei einigen Menschen mit niedrigem FEV1 zur COPD kommt, bei anderen aber nicht, dürfte erneut das Rauchen sein. In der Trajektorie 4 gab es deutlich weniger Nichtraucher (14 versus 32 Prozent) oder Exraucher (8 versus versus 19 Prozent) und es gab deutlich mehr Personen, die bereits vor dem 14. Lebensjahr mit dem Rauchen begonnen hatten (11 versus 3 Prozent). Ein früher Beginn des Rauchens könnte ein Grund dafür sein, dass Menschen im frühen Erwachsenenalter bereits ein vermindertes FEV1 haben. Andere Gründen könnten laut Lange in Asthmaerkrankungen in der Kindheit, aber auch im Passivrauchen oder häufigen Atemwegsinfektionen bestehen. Diese Hypothese konnte in der Studie allerdings nicht untersucht werden.
© rme/aerzteblatt.de

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