Medizin
Antibabypille schützt langfristig vor Endometriumkarzinom
Donnerstag, 6. August 2015
Oxford – Zu den Nebeneffekten oraler Kontrazeptiva, die in den 1960er Jahren zur Schwangerschaftsverhütung eingeführt wurden, gehört ein gewisser Schutz vor einem Endometriumkarzinom. Dies bestätigt jetzt eine Meta-Analyse in Lancet Oncology (2015; doi: 10.1016/S1470-2045(15)00212-0), nach der die protektive Wirkung weit über die Einnahmeperiode hinaus anhält.
Dass die Einnahme der Antibabypille Auswirkungen auf die Gesundheit hat, ist seit langem bekannt. Schon in den 1970er Jahren wurde entdeckt, dass die Östrogene das Risiko von venösen Thromboembolien sowie Schlaganfall und Herzinfarkt erhöhen. Auch eine erhöhte Rate von Zervixkarzinomen und Brustkrebserkrankungen gehört zu den langfristigen Risiken der Hormonpräparate.
Auf der anderen Seite kann die „Pille“ Menorrhagie und Dysmenorrhö lindern oder Blutungen aus Uterusmyomen mindern. Die Hormonpräparate werden bei Akneerkrankungen oder beim prämenstruellen Syndrom verschrieben. Seit längeren wird auch eine präventive Wirkung gegen Ovarial- und Endometriumkarzinome diskutiert. Bezüglich des Ovarialkarzinoms steht die Antwort noch aus, eine Schutzwirkung vor dem Endometriumkarzinom wird seit den 1980er Jahren diskutiert.
Die Collaborative Group on Epidemiological Studies on Endometrial Cancer legt hierzu jetzt eine umfassende Analyse vor. Das Team um Valerie Feral von der Universität Oxford hat dazu die Ergebnisse aus 36 epidemiologischen Studien (darunter 15 prospektiven Studien) mit Daten zu 27.276 Patienten ausgewertet. Die gepoolte Analyse bestätigt die seit langen bekannte Senkung des Endometriumkarzinom-Risikos durch orale Kontrazeptiva. Pro Einnahmedauer von 5 Jahren sinkt das relative Risiko um 24 Prozent.
Der von Feral ermittelte Wert von 0,76 lässt bei einem engen 95-Prozent-Konfidenzintervall (0,73 bis 0,78) keine Zweifel an der Schutzwirkung, die laut der Analyse auch 30 Jahre nach Ende der Einnahme noch nachweisbar war. Frauen, die in jungen Jahren vorübergehend mit der „Pille“ verhüten, erkranken demnach auch während der Menopause seltener an einem Endometriumkarzinom.
Feral schätzt, dass in den letzten 50 Jahren in den entwickelten Ländern durch die „Pille“ etwa 400.000 von insgesamt 3,4 Millionen Endometriumkarzinomen verhindert wurden, die Hälfte davon allein im letzten Jahrzehnt. Frauen, die über zehn Jahre mit oralen Kontrazeptiva verhüten, senken ihr absolutes Risiko, bis zum 75. Lebensjahr an einem Endometriumkarzinom zu erkranken, von 2,3 auf 1,3 Prozent.
Dass die Schutzwirkung in der letzten Dekade angehalten hat, ist erstaunlich, weil die Konzentration der Östrogene, denen die Schutzwirkung zugeschrieben wurde, immer weiter gesenkt wurde. Laut Feral könnte die Konzentration jedoch weiterhin für eine Schutzwirkung ausreichen. Sie besteht laut der Studie unabhängig von der reproduktiven Anamnese, der Adipositas (Fettgewebe kann ebenfalls Östrogene bilden), der ethnischen Herkunft sowie von Tabak oder Alkoholkonsum. © rme/aerzteblatt.de

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