Medizin
Hippocampus hat mehr Aufgaben als gedacht
Dienstag, 25. August 2015
Bochum – Der Hippocampus im Schläfenlappen ist für das Langzeitgedächtnis verantwortlich. Forscher des Universitätsklinikums Bonn, der Ruhr-Universität Bochum sowie aus Aachen und Birmingham berichten jetzt in der Zeitschrift Current Biology, dass die Region auch am schnellen und erfolgreichen Lösen von Konflikten beteiligt ist (doi 10.1016/j.cub.2015.07.032).
Die Wissenschaftler illustrieren an einem Beispiel die Entscheidungskonflikte, um die es ihnen geht: Wenn eine Fußgängerampel auf Grün springt, würde ein Passant üblicherweise losgehen. Kommt aber gleichzeitig ein Auto angerast, bleibt er besser stehen.
Einen vergleichbaren – wenn auch weniger bedrohlichen – Entscheidungskonflikt konstruierte die Arbeitsgruppe für die Studie: Die Probanden hörten die Wörter „hoch“ oder „tief“ in einer hohen oder einer tiefen Stimmlage und mussten – unabhängig von der Wortbedeutung – angeben, in welcher Tonhöhe der Sprecher die Begriffe sagte. Wenn Stimmlage und Wortbedeutung nicht zusammenpassten, erzeugte das einen Konflikt: Die Teilnehmer antworteten langsamer und machten mehr Fehler.
Gleich mit zwei Messmethoden zeigte das Team, dass der Hippocampus in solch widersprüchlichen Situationen aktiv ist, und zwar besonders stark, wenn Menschen Konflikte schnell und erfolgreich lösen. Nikolai Axmacher vom Institut für Kognitive Neurowissenschaft in Bochum analysierte die Hirnaktivität bei gesunden Teilnehmern mit der funktionellen Magnetresonanztomografie. Die gleichen Ergebnisse erzielten sie auch bei Epilepsiepatienten, denen zur Operationsplanung EEG-Elektroden in den Hippocampus implantiert worden waren – so konnten die Wissenschaftler die Aktivität dieser Hirnregion direkt messen.
„Unsere Daten zeigen zunächst eine komplett neue Aufgabe des Hippocampus – das Verarbeiten von Handlungskonflikten“, sagt die Erstautorin Carina Oehrn von der Klinik für Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn. Wie diese Aufgabe mit Gedächtnisprozessen zusammenhängt, könnten aber erst weitere Untersuchungen klären. © hil/aerzteblatt.de

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