Medizin
Mammakarzinom: Tumor-Gene im Blut kündigen Rezidiv an
Freitag, 28. August 2015
London - Der Nachweis von individuellen Tumor-Genen im Blut kann bei Brustkrebspatientinnen ein Rezidiv anzeigen lange bevor es zu Symptomen kommt. Dies zeigen die in Science Translational Medicine (2015; 7: 302ra133) vorgestellten Ergebnisse britischer Forscher, die vorerst experimentellen Charakter haben.
Viele Brustkrebspatientinnen erhalten heute eine adjuvante Chemotherapie. Sie soll verhindern, dass Zellen, die bei der Operation bereits den Primärtumor verlassen haben, später Metastasen bilden. Die adjuvante Chemotherapie ist effektiv, es gibt jedoch keine Möglichkeit, sie auf die Frauen zu beschränken, die tatsächlich von Metastasen bedroht sind. Ein von Forschern des Institute of Cancer Research in London entwickeltes Verfahren möchte dies in Zukunft ändern.
Das Team um Nicholas Turner hat das Biopsiegewebe von 55 Frauen untersucht, bei denen ein Mammafrühkarzinom diagnostiziert wurde. Die Forscher extrahierten die DNA aus dem Tumor und bestimmten die Gensequenzen. Sie waren dabei auf der Suche nach tumor-spezifischen Mutationen. Diese Mutationen bildeten die Basis für einen Gentest, mit dem die Forscher später nach zirkulierender Tumor-DNA im Blut der Patientinnen suchen wollten. Da bei jedem Tumor andere Mutationen auftreten, mussten die Forscher für jede Patientin einen individuellen Gentest herstellen.
Der erste Test wurde vor Beginn der Behandlung durchgeführt. Bei 29 von 42 untersuchten Frauen fiel der Test positiv aus. Dies hatte allerdings keinen Einfluss auf die späteren Behandlungsergebnisse. Die Behandlung bestand zunächst in einer neoadjuvanten Chemotherapie.
Nach der Operation wurde erneut ein Gentest durchgeführt. Er fiel bei sieben von 37 Patientinnen positiv aus. Sechs der sieben Patientinnen erlitten später ein Rezidiv. Von den 30 Patientinnen mit einem negativen Testergebnis erlitten nur 6 ein Rezidiv. Der Nachweis der Tumor-Gene im Blut lieferte damit gute Hinweise für ein bevorstehendes Rezidiv. Turner ermittelt eine Hazard Ratio von 25,1. Angesichts der geringen Fallzahl war das 95-Prozent-Konfidenzintervall mit 4,08 bis 130,5 jedoch sehr weit.
Die Gentests wurden in der Folge alle sechs Monate wiederholt. Bei 13 von 43 Patientinnen fiel der Test wenigstens einmal positiv aus. Zwölf der 13 Patientinnen entwickelten danach ein Rezidiv (Hazard Ratio 12,0; 3,36-43,07). Der erste positive Bluttest ging hier dem Rezidiv um 7,9 Monate voraus. Der Gen-Test könnte deshalb die Früherkennung eines Rezidivs deutlich verbessern und eine schnellere Behandlung der Patientinnen ermöglichen.
Ob und wie die neuen Tests in das derzeitige Behandlungskonzept beim Mammakarzinom einbezogen werden könnten, ist unklar. Die Genom-Untersuchung im Primärtumor und die Entwicklung eines individuellen Gentests dürfen derzeit noch mit hohen Kosten verbunden sein. Sein klinischer Stellenwert könnte nur in Studien an einer größeren Zahl von Patientinnen ermittelt werden. Nicht immer erfüllen sich dabei die Hoffnungen. So hat sich der Nachweis von zirkulierenden Tumorzellen im Blut, der vor Jahren zunächst als eine Revolution im Staging des Mammakarzinoms angesehen wurde, in der Praxis niemals durchsetzen können. © rme/aerzteblatt.de

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