Politik
„Gendermedizin gilt zum Teil noch als Frauenmedizin“
Montag, 28. September 2015
Berlin – „Für ein Fach wie die Geschlechterforschung ist es extrem wichtig, dass sich alle Experten treffen und man das gesamte Spektrum einmal darstellt“. Mit diesen Worten hat Vera Regitz-Zagrosek begründet, warum gleich zwei thematische Kongresse hintereinander hilfreich waren. Die Direktorin des Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin an der Berliner Charité war Kongresspräsidentin sowohl des Internationalen Kongresses für Genderforschung in der Medizin wie des 7. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Gendermedizin, die beide Ende September in Berlin stattfanden.
„Mit dem internationalen Erfahrungsaustausch, wie wir ihn intensiv pflegen konnten, hat die Geschlechterforschung in der Medizin weitere wichtige Impulse bekommen“, ergänzte Regitz-Zagrosek. Rund 350 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten Ergebnisse aus der Grundlagenforschung, medizinischen Fächern und Public Health vor.
Natascha Hess, niedergelassene Kardiologin und Kongressbesucherin, sagte, sie betrachte es als ihre Aufgabe, neue Erkenntnisse in die Behandlung ihrer Patienten zu transportieren. Deshalb interessiere sie sich beispielsweise dafür, welche Unterschiede es bei der Medikation von Frauen und Männern zu beachten gebe.
„Gendermedizin gilt zum Teil noch als Frauenmedizin“, sagte Hess. Sie verfolge dieses Thema aber auch, „um meine männlichen Patienten optimal zu versorgen“. Diese hätten oft Probleme, ihre Erkrankung anzunehmen, und Berührungsängste, sich mit medizinischen Fragestellungen rund um ihre Beschwerden zu befassen. Allein daraus müssen ihrer Erfahrung nach schon Unterschiede in der Behandlung von Frauen und Männern resultieren.
Einig waren sich die Teilnehmer der Kongresse nach Angaben der Veranstalter darin, dass es noch mehr Studien brauche, um Geschlechterunterschiede zu analysieren. Die amerikanischen National Instituts of Health hätten im Sommer gefordert, diesen Aspekt bei geförderten Studien zu berücksichtigen.
Als Beispiel einer zunehmend erfolgreichen Zusammenarbeit europäischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wurde in Berlin auf das sogenannte EuGenMED-Projekt der Europäischen Union verwiesen. Es dient der Erarbeitung einer Roadmap für die gendermedizinische Forschung. © Rie/aerzteblatt.de

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