Politik
G7: Erklärung zum Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen verabschiedet
Freitag, 9. Oktober 2015
Berlin – Die Gesundheitsministerinnen und -minister der sieben führenden Industriestaaten (G7) wollen künftig ihre Energien stärker bündeln, um im Kampf gegen globale Gesundheitsgefahren voranzugehen. Auf Einladung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kamen sie gestern und heute in Berlin zusammen und diskutierten gemeinsame Maßnahmen gegen Antibiotika-Resistenzen sowie die Lehren aus der Ebola-Epidemie. Am G7-Gesundheitsministertreffen nahmen auch die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan, EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis sowie weitere Vertreter internationaler Organisationen teil.
„Wir müssen Gesundheit mehr denn je global denken – denn Krankheiten machen nicht an Staatsgrenzen halt. Nur mit gemeinsamen internationalen Anstrengungen werden wir die Menschen auch in Deutschland wirksam vor multiresistenten Keimen und grenzüberschreitenden Epidemien schützen können“, betonte Gröhe. Er sei froh, dass es gelungen sei, im Jahr der deutschen G 7-Präsidentschaft die Gesundheitspolitik ganz oben auf die politische Agenda zu setzen.
In ihrer heutigen Abschlusserklärung bekräftigen die G7-Gesundheitsminister, dass Antibiotika nur zu therapeutischen Zwecken nach individueller Diagnostik verabreicht werden sollten. Dabei präferieren sie eine Verschreibungspflicht von Antibiotika sowohl in der Humanmedizin als auch in der Veterinärmedizin. Zudem vereinbarten die Minister den Aufbau eines globalen Netzwerks von Antibiotika-Experten. Auch die Harmonisierung von Zulassungsverfahren und -bedingungen – einschließlich klinischer Studien – im Pharmabereich soll vorangetrieben werden, damit neue Antibiotika schneller auf den Markt kommen. Nachgedacht wird auch über wirtschaftliche Anreize zur Förderung von Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika.
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, begrüßte das gemeinsame Vorgehen der G7-Gesundheitsminister, denn „antibiotikaresistente Bakterien verbreiten sich weltweit und beeinträchtigen die Möglichkeiten zur Therapie bakterieller Infektionskrankheiten“. „Grundsätzlich gilt beim Einsatz von Antibiotika: So oft wie notwendig und so selten wie möglich“, stellte der BÄK-Präsident klar.
Die BÄK habe bereits 2011 eine strukturierte curriculare Fortbildung „Krankenhaushygiene“ aufgelegt. Diese Maßnahme war jedoch nur als Übergangslösung gedacht, um kurzfristig und flächendeckend genügend Ärztinnen und Ärzte in „Krankenhaushygiene“ zu qualifizieren. „Für eine dauerhafte Lösung müssen Bund und Länder jetzt nachlegen“, forderte Montgomery. Hierfür seien mehr Lehrstühle und Institute notwendig, damit ausreichend in Krankenhaushygiene qualifizierte Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin sowie für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie zur Verfügung ständen.
Vorbereitung von Epidemien und Pandemien muss verbessert werden
Am zweiten Tag des G7-Ministertreffens beschäftigten sich die Gesundheitsminister mit den Lehren aus der Ebola-Epidemie in Westafrika. Zentral seien funktionierende und widerstandsfähige Gesundheitswesen, um Gesundheitskrisen schnell zu erkennen und bekämpfen zu können, betonten sie. „Die nächste Herausforderung kommt sicher“, sagte Gröhe. Die Welt bereite sich auf kriegerische Auseinandersetzungen vor, aber zu wenig auf Epidemien und Pandemien. „Hier muss mehr passieren.“
Die internationale Gemeinschaft und die G7 wollen deshalb die Gesundheitswesen vor Ort stärken. Das Bundesgesundheitsministerium wird gemeinsam mit dem Robert Koch-Institut (RKI), dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI), dem Bernhard-Nocht-Institut (BNITM) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Partnerländer gezielt bei der Stärkung der Gesundheitswesen unterstützen. Dazu gehört die Ausbildung von Personal zum Management von Gesundheitskrisen in den Partnerländern. Zudem soll ein schnell einsetzbares Team aus Epidemiologen und Laborexperten des RKI und BNITM aufgebaut werden Das Programm wird 2016 mit 4 Millionen Euro starten und ist zunächst für 5 Jahre geplant.
Reform der Weltgesundheitsorganisation notwendig
Die G7-Gesundheitsminister sind sich zudem einig, dass eine grundlegende Reform der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nötig ist, um der Rolle als Wächter der globalen Gesundheit gerecht zu werden. Dabei soll insbesondere die Krisenreaktionsfähigkeit der WHO durch die Einrichtung eines Notfallfonds und einer globalen Einsatzgruppe für gesundheitliche Notlagen gestärkt werden.
© ER/aerzteblatt.de

Nagelprobe für Politiker
Und es gibt genug Baustellen, die angegangen werden müssen: Die Last an MRE hat ihre Ursache im exzessiven Antibiotikaverbrauch in Landwirtschaft und im ambulanten Sektor (sprich: "Fieber ist keine Antibiotikamangelkrankheit").
Und wir brauchen dringend neue Antibiotikaklassen, nicht nur neue Substanzen. Und möglichst Wirkstoffklassen, die bisher nicht in der Natur vorkommen; nicht nur das Penicillin, auch Penicillinasen gibt es nämlich schon sehr lange. Auch sollte man bei neuen Antibiotika im Tausch für moderate Preise über einen verlängerten Patentschutz nachdenken, damit neue Substanzen nicht gleich für wieder verbrannt werden.
Und da, wo die meisten Infektionen stattfinden (im Krankenhaus) brauchen wir ausreichend Personal, und zwar sowohl ausreichend normales Personal für die Basishygiene, aber auch Fachpersonal (Mikrobiologen, Hygieniker, Infektiologen). Die Niederländer haben z.B. auch deshalb wesentlich weniger Ärger mit MRSA, weil sie schon früh in ihr Fachpersonal investiert haben.
Ich stimme meinen Vorrednern zu, eine G7-Erklärung ist auch nur ein bedrucktes Stück Papier. Erst die konkrete Umsetzung wird zeigen, ob sich Politiker noch an ihre Versprechen erinnern, wenn es unbequem für sie wird.

Fachminister nur "bedingt einsatzbereit"?
Was Sie in der Klinik mitgemacht haben, kann ich nachvollziehen: Ende 2000, nach Hochdosis-Chemotherapie und einer autologen Stammzelltransplantation wegen eines hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) Stadium IVa bekam ich im Leukozyten-Nadir zweimal eine Sepsis, die eine intensive Antibiose i. v. erforderte.
Unser Bundesgesundheitsminister (BGM) Hermann Gröhe (CDU) versteht als Jurist gar nicht so recht, dass er eigentlich für K r a n k h e i t e n und deren Bewältigung zuständig ist. Während sein Kollege, Bundeslandwirtschaftsminister (BLM) Christian Schmidt (CSU), wegen enger Verbindungen zur Agrar-I n d u s t r i e längst zum "Bundesagrarminister" avancierte.
Auch nach der G-7-Erklärung zum Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen sind BGM und BLM nur "bedingt einsatzbereit". Schon die Diktion ist verharmlosend falsch: "Energien stärker bündeln, um im Kampf gegen globale Gesundheitsgefahren voranzugehen" ist angesichts bakteriell-multiresistenter Keime Dissimulation. Es drohen, wie „Adolar“ konkret beschreibt, K r a n k h e i t s- und L e b e n s-Gefahren. Prof. (HH) Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), sieht das ganz praktisch: „Antibiotikaresistente Bakterien verbreiten sich weltweit und beeinträchtigen die Möglichkeiten zur Therapie bakterieller Infektionskrankheiten“... „Grundsätzlich gilt beim Einsatz von Antibiotika: So oft wie notwendig und so selten wie möglich“. Das gilt auch und gerade bei primär antibiotikahaltigen Futtermitteln u n d in der Veterinärmedizin, was unser bayrischer BLM gerne vergessen machen möchte.
Das nächste Paradoxon kommt: Die G-7-Gesundheitsminister wollten am 2. Konferenztag Lehren aus der Ebola-Epidemie in Westafrika ziehen, bei der auch und gerade die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kläglich versagt hatte (DÄ berichtete). Dieselbe WHO solle nun nach einer angeblichen "Reform an Haupt und Gliedern" von innen heraus die Rolle als "Wächter der globalen Gesundheit" spielen? Einfachste Sprachlogik ergibt dann wohl, dass sich globale K r a n k h e i t e n währenddessen ungehindert ausbreiten sollten? Hier sind offensichtlich a l l e Beteiligten nur noch bedingt wissens-, verständnis-, kommunikations-, handlungs- und einsatzbereit!
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Unfähigkeit oder Unwille?
Das ist im Fall der allgemeinen Bakterienverseuchung in den Krankenhäusern sehr ärgerlich und kostet die Kassen einen Haufen Geld, weil ja die OPs selbst oft garnicht so schlimm sind, aber die Tierchen wieder rauszukriegen...
Ich habe dieses Frühjahr stationär 3 intravenöse Antibiosen wg. multiresisten Keimen im Zusammenhang mit einer OP gebraucht. Die letzte hat glücklicherweise gewirkt, dafür hat der biologische Rundumschlag hat meine Innereien ruiniert.

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