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Politik

Hospiz- und Palliativgesetz: Mit großem Einvernehmen beschlossen

Donnerstag, 5. November 2015

dpa

Berlin – Der Deutsche Bundestag hat heute in 2. und 3. Lesung das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland beschlossen. Es soll günstigere Rahmenbedingungen für die Versorgung Sterbender schaffen -  sowohl in häuslicher Umgebung als auch in Hospizen, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Künftig wird Sterbebegleitung ausdrücklicher Bestandteil des Versorgungsauftrags der sozialen Pflegeversicherung. Ärztinnen und Ärzte, die sich daran beteiligen, erhalten eine zusätzliche Vergütung.

Außerdem werden Pflegeheime zur Zusammenarbeit mit ambulanten Hospizdiensten verpflichtet und müssen die Kooperation mit vernetzten Hospiz- und Palliativangeboten künftig nachweisen. Vor allem auch in ländlichen Regionen sollen mehr flächen­deckende Angebote zur Verfügung stehen. Versicherte haben zudem mit dem mehr­heitlich beschlossenen Gesetz einen Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfe­stellung durch die gesetzlichen Krankenkassen bei der Auswahl und Inanspruch­nahme von Leistungen der Palliativ- und Hospizversorgung.  

„Schwerkranken Menschen Hilfe im Sterben zu bieten ist ein Gebot der Menschlichkeit. Dazu gehört jegliche medizinische, pflegerische, psychologische und seelsorgliche Hilfe, die einen Menschen in der letzten Lebensphase begleitet. Diese Hilfe muss in ganz Deutschland ausgebaut werden“, betonte heute Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Im vertragsärztlichen Bereich könnten dem Gesetz zufolge die Selbstverwaltungspartner zusätzlich vergütete Leistungen vereinbaren. So soll die Qualität der Palliativversorgung gesteigert werden sowie Zusatzqualifikationen der Haus- und Fachärzte sowie Netzwerkarbeit gefördert werden. Für flächendeckenden Ausbau und verbesserte Leistungen sollen die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt voraussichtlich 200 Millionen Euro zusätzlich ausgeben.

Der Gemeinsame Bundesausschuss erhält zudem den Auftrag, in seiner Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege die Leistungen der Palliativpflege zu konkre­tisieren und damit für die Pflegedienste abrechenbar zu machen. Um insbe­sondere in ländlichen Regionen den weiteren Ausbau der spezialisierten ambulanten Palliativ­versorgung (SAPV) zu beschleunigen, wird ein Schiedsverfahren für entsprechende Versorgungsverträge eingeführt. Zudem stellt das neue Gesetz klar, dass allgemeine und spezialisierte ambulante Palliativversorgung auch in selektiv­vertraglichen Versorgungsformen gemeinsam vereinbart werden können. Auch in diesen Verträgen sollen die Qualitätsanforderungen der SAPV gelten.

Ferner wird künftig die finanzielle Ausstattung stationärer Kinder- und Erwachsenen-Hospize verbessert. Die derzeit unterdurchschnittlich finanzierten Hospize sollen von den gesetzlichen Krankenkassen einen höheren Tagessatz je betreutem Versicherten erhalten. Bei den Zuschüssen für ambulante Hospizdienste werden künftig neben den Personalkosten auch die Sachkosten berücksichtigt - etwa Fahrtkosten der ehren­amtlichen Mitarbeiter. Gröhe sagte in der Debatte, wenn die meisten Menschen zu Hause sterben wollten, müssten gerade auch die ehrenamtlichen Helfer unterstützt werden. Es könne nicht sein, dass diese Menschen auch noch ihre Leistungen selbst finanzieren müssten.

Obwohl sich die Linken beim Beschluss des Gesetzes enthalten haben, steht grundsätzlich auch die Opposition hinter dem Anliegen der Bundesregierung. Allerdings fordert etwa die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt weiterführende Maßnahmen: „ Es ist noch nicht geregelt, dass jeder einen Zugang hat zu guter Versorgung. Damit ist noch nicht geregelt, dass diejenigen, die sich heute oft ehrenamtlich engagieren, auch wirklich ausreichende Möglichkeiten haben. Damit ist noch nicht geregelt, was in den Krankenhäusern passiert, und auch nicht, was in den Hospizen passiert“, sagte sie.

Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sieht das neue Hospiz- und Palliativgesetz als einen „kleinen Schritt auf dem Weg zu einer besseren Versorgung sterbender und schwerkranker Menschen“. Ein Grund, die Hände in den Schoss zu legen, sei das neue Gesetz jedoch nicht. „Wir brauchen weiterhin mehr Personal im Krankenhaus, im Pflegeheim und im ambulanten Bereich für die Begleitung in der letzten Lebensphase. Nur so kann eine gute, all umfassende Pflege gelingen, in der Raum für Gespräche und Zuwendung ist“, betonte sie. Gleichzeitig mahnte sie eine Weiterbildungsoffensive an, damit die in der Medizin, Pflege und Therapie tätigen Menschen über fundiertes Know How bei der Begleitung Sterbender verfügen sowie ein deutschlandweites Netz von ambulanten Palliativdiensten, nach Bedarf auch Hospize.

Sehr kritisch sieht der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, das heute beschlossene Gesetz: „Der größte Teil der Sterbenden wird auch weiterhin keine professionelle Hospiz- und Palliativ-Begleitung bekommen“, meinte er. Er befürchtet, dass sich die Kluft zwischen stationären Hospizen und Pflegeheimen stattdessen noch weiter öffnet. Zudem würden ehrenamtliche Sterbebegleiter niemals in der Lage sein, die Versorgungslücke zu schließen.

Derzeit gibt es in Deutschland etwa 200 stationäre Hospize und etwa 250 Palliativ­stationen sowie im ambulanten Bereich etwa 250 abgeschlossene Verträge zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV). Entsprechend den Daten der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin von 2014 haben mehr als 8 000 Ärztinnen und Ärzte die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin erworben sowie etwa 20 000 Pflegende die Weiterbildung „Palliative care“ absolviert, wobei der größte Anstieg der Zahl der Qualifikationen in den letzten fünf bis zehn Jahren zu verzeichnen war. /ER © ER/aerzteblatt.de

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