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Medizin

Ebola: Serumtherapie enttäuscht in Studie, Malariamittel könnte wirksam sein

Donnerstag, 7. Januar 2016

dpa

Antwerpen – Der Versuch, Ebola-Erkrankte durch die Transfusion des Plasmas von Überlebenden zu retten, ist vorerst gescheitert. Die Therapie erwies sich zwar als praktikabel und auch sicher. Die Sterberate konnte jedoch nicht gesenkt werden. Die Tropenmediziner wollen die Idee der passiven Immunisierung jedoch noch nicht begraben. Ein Malaria-Medikament könnte einer weiteren Studie zufolge gegen das tödliche Virus wirksam sein.

Zwischen Februar und August letzten Jahres, auf dem Höhepunkt der inzwischen abgeklungenen Ebola-Epidemie in Westafrika, erhielten in einem Behandlungszentrum der Médecins sans Frontières in Guinea Patienten mit nachgewiesener Ebola-Infektion insgesamt zwei Transfusionen mit Blutplasma, das Überlebende des Ebola-Fiebers gespendet hatten.

Die Dosis betrug jeweils 200 bis 250 ml oder 10 ml pro Kilogramm Körpergewicht bei einem Körpergewicht unter 45 kg. Die Antikörper der Rekonvaleszenten sollten die Ebola-Viren im Blut der Patienten neutralisieren und damit den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen. Diese passive Immuntherapie war als Serumtherapie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – vor Einführung der Antibiotika – eine durchaus etablierte Behandlungsmethode bei schweren Infektionserkrankungen, und sie schien auch bei einem Ebola-Ausbruch 1995 im Kongo Wirkung zu zeigen.

Damals überlebten sieben von acht Patienten. Die Behandlung erfolgte allerdings relativ spät im Verlauf der Erkrankung und mangels Vergleichsgruppe blieb unklar, ob die Patienten die Erkrankung auch ohne Therapie überlebt hätten.

Auch die „Ebola Tx“-Studie, deren Ergebnisse Johan van Griensven vom Tropeninstitut in Antwerpen und Mitarbeiter jetzt im New England Journal of Medicine (2016; 374: 33-42) vorstellen, hatte keine randomisierte Vergleichsgruppe. Die Zuteilung der Therapie nach dem Zufall wurde angesichts der tödlichen Infektion und dem Fehlen anderer Therapien als unethisch eingestuft. In fünfeinhalb Monaten konnten 84 Patienten behandelt werden, von denen 58 überlebten. Bei 26 Todesfällen betrug die Case-Fatality Rate 31 Prozent.

Sie lag, wie van Griensven berichtet, etwas niedriger als in den fünf Monaten zuvor, als ohne Plasmatransfusion 158 von 418 Patienten (38 Prozent) dem hämorrhagischen Ebola-Fieber erlagen. Der Unterschied von 7 Prozentpunkten war nicht signifikant, und er verminderte sich auf 3 Prozentpunkte, als die Forscher das unterschiedliche Alter und die Viruslast (cT-Wert in der quantitativen Polymerasekettenreaktion) berücksichtigten.

Damit hat sich die Therapie in der Studie als wirkungslos erwiesen. Wie es scheint, mögen sich van Griensven und Mitarbeiter mit diesem Urteil nicht abfinden. Sie verweisen auf die erschwerten Bedingungen, unter denen die Therapie durchgeführt wurde. So war es nicht möglich, die Antikörperkonzentration in den Plasmaspenden zu untersuchen (dies soll jetzt in einem Hochsicherheitslabor in Lyon nachgeholt werden).

Es könnte deshalb sein, dass die Spender nicht geeignet waren oder dass die Dosis nicht ausreichte, um die Patienten zuverlässig zu schützen. Interessanterweise überlebten vier von fünf behandelten Kindern, bei denen die Dosis an das Körpergewicht angepasst worden war. Auch sechs der acht schwangeren Patienten überstanden die Infektion. Aufgrund der geringen Fallzahl lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass es sich um Zufallsbefunde handelt.  

Auch wenn der Nutzen der Therapie bestenfalls unklar bleibt, bewertet van Griensven die Ergebnisse der Studie als Erfolg. Immerhin sei es gelungen, unter schwierigen Umständen eine Infusionstherapie durchzuführen. Es habe genügend bereitwillige Blutspender gegeben und die Blutspenden konnten mit Hilfe der nationalen Blutbank des Landes Guinea aufbereitet werden. Die Immuntherapie wurde von den meisten Patienten offenbar gut vertragen. Nur acht Patienten klagten über leichte Beschwerden während der Infusion. Van Griensven dürfte sich deshalb im Fall einer erneuten Ebola-Krise für eine neue Studie aussprechen.

Kritik kam dagegen von Thomas Geisbert, einem international renommierten Ebola-Experten von der Universität Galveston in Texas. Geisbert hatte 2007 die Immun­therapie an vier Rhesus-Affen erprobt. Obwohl damals hohe Antikörperkonzentrationen erreicht wurden, erlagen alle vier Tiere dem Ebola-Fieber. Angesichts dieser tierexperimentellen Negativ-Erfahrung habe es keinen Sinn gemacht, die Studie in Guinea durchzuführen, sagte Geisbert gegenüber Science.

Der Forscher hofft jetzt, dass der Einsatz von ZMapp, das drei gentechnisch hergestellte Antikörper enthält, bessere Ergebnisse erzielt. Das Präparat war 2015 bei etwa 70 Patienten eingesetzt worden. Die Ergebnisse wurden jedoch noch nicht ausgewertet.

Ein effektives Medikament zur Behandlung von Ebola-Infektionen fehlt zwar weiterhin, die Behandlung mit dem Malariamittel Amodiaquin könnte jedoch die Überlebens­chancen der Patienten verbessern, wie ein Ärzteteam um Iza Ciglenecki von Médecins sans Frontières, Genf, in einem weiteren Beitrag im New England Journal of Medicine (2016; 374: 23-32) berichtet.

In einer Behandlungsstation in Liberia war im letzten Jahr das Standardmittel Arthemeter-Lumefantrin ausgegangen, das dort alle Ebola-Patienten erhalten (weil in dem Endemiegebiet die Malaria sehr verbreitet ist). Für zwölf Tage mussten die Ärzte auf Artesunat-Amodiaquin ausweichen. Während dieser Zeit ging die Case-Fatality-Rate der Ebola-Erkrankung von 64,4 auf 50,7 Prozent zurück. Der Unterschied war mit einer Risk Ratio von 0,69 und einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,54 bis 0,89 signifikant.

Den Ärzten fiel jedoch zunächst nicht auf, dass sich die Überlebenschancen vorübergehend gebessert hatten. Erst als sie von einer zuvor in PLOS ONE (2013; 8: e60579) publizierten Studie erfuhren, wurden sie stutzig. Forscher der US-Armee hatten dort 1.012 zugelassene Medikamente auf ihre etwaige Wirkung gegen biologische Kampfstoffe untersucht, zu denen die US-Armee auch das Ebola-Virus zählt. Zu den Wirkstoffen, die in vitro eine Wirkung gegen das Ebola-Virus zeigten, gehörte Amodiaquin.

Die Beobachtung der Médecins sans Frontières ist zwar kein Beweis, dass Amodiaquin tatsächlich eine klinische Wirkung gegen Ebola-Infektionen hat, der kurzzeitige Rückgang der Sterberate könnte auch andere Ursachen gehabt haben. Das United States Army Medical Research Institute for Infectious Diseases plant dem Vernehmen nach jedoch weitere Tests. © rme/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #690938
Bernett
am Samstag, 9. Januar 2016, 03:05

Erfolgreiche Studie mit acht Patienten 1995 erfolgte mit Vollblut von Ebola- Rekonvaleszenten

Zum Vergleich der Wirksamkeit sollte eine Studie mit ECP, aber in Form von Vollblut- Transfusionen mit einer etwas größeren Patientenzahl und Begleitmedikamenten ähnlichen Charakters durchgeführt werden!
Vielleicht zeigt sich dann der entscheidende Faktor, der damals zum Efolg führte, das wäre zu wünschen!
Die Bestimmung der Antikörper und der Ausschluss anderer übertragbarer Krankheiten im Spenderblut wäre natürlich die selbstverständliche Voraussetzung!
LNS
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