Politik
Bundeskabinett verabschiedet Pflegeberufsgesetz
Mittwoch, 13. Januar 2016
Berlin – Das Bundeskabinett hat heute dem Entwurf des Pflegeberufsgesetzes zugestimmt, den das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesfamilienministerium gemeinsam vorgelegt haben. Mit diesem Gesetz sollen die Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zu einer neuen generalistischen Pflegeausbildung zusammengelegt werden. „Wir werden in Zukunft mehr Pflegekräfte brauchen. Deshalb müssen wir den Zukunftsberuf Pflege jetzt noch attraktiver machen“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) heute vor Journalisten in Berlin. Mit der neuen Ausbildung bekämen Pflegefachkräfte künftig mehr Chancen, sich beruflich weiterzuentwickeln.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) betonte, dass das Gesetz auch zu einer besseren Vergütung während der Pflegeausbildung beitragen soll. „Der Pflegeberuf ist ein verantwortungsvoller Beruf, der Achtung und Wertschätzung verdient“, sagte sie. „Deshalb schaffen wir mit dem Pflegeberufsgesetz das Schulgeld ab und setzen auf eine angemessene Ausbildungsvergütung.“ Dies sei ein wichtiges Signal zur Aufwertung eines Berufs, in dem noch immer überwiegend Frauen tätig seien, und damit auch ein wichtiger Schritt zu mehr Lohngerechtigkeit.
Kosten für die Pflegeausbildung steigen um 300 Millionen Euro pro Jahr
Das Pflegeberufsgesetz soll das Altenpflegegesetz und das Krankenpflegegesetz ablösen. Die neue Ausbildung soll nach drei Jahren mit der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau/Pflegefachmann“ abgeschlossen werden können. „Die neue berufliche Pflegeausbildung vermittelt die für die selbstständige und prozessorientierte Pflege von Menschen aller Altersstufen in akut und dauerhaft stationären sowie ambulanten Pflegesituationen erforderlichen fachlichen und personalen Kompetenzen“, heißt es in dem Kabinettsentwurf.
„Sie gliedert sich in theoretischen und praktischen Unterricht an Pflegeschulen und eine praktische Ausbildung.“ Mit dem Träger der praktischen Ausbildung schließe die oder der Auszubildende einen Ausbildungsvertrag und erhalte eine Ausbildungsvergütung. Zudem ist es möglich, die Pflegeausbildung an einer Hochschule zu absolvieren.
Finanziert werden soll die neue Pflegeausbildung über einen Ausbildungsfonds auf Landesebene, in den alle Akteure des Pflegebereichs im Rahmen eines Umlageverfahrens einzahlen sollen. Die federführenden Ministerien gehen davon aus, dass sich die Gesamtkosten für die Pflegeausbildung von 2,4 Milliarden auf 2,7 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen werden.
„Seit vielen Jahren haben wir über dieses Gesetz diskutiert. Es wurde von der Fachwelt und den Bundesländern gefordert“, sagte Schwesig. „Es ist gut, dass wir jetzt den ersten Schritt machen, um insbesondere die Altenpflege aufzuwerten.“
Pflegerat begrüßt das Gesetz
Der Deutsche Pflegerat (DPR) hat den Kabinettsbeschluss begrüßt. „Die Entscheidung des Bundeskabinetts für eine generalistische Pflegeausbildung mit Schwerpunktbildung ist ein Meilenstein für die Weiterentwicklung der Pflegeberufe in Deutschland“, sagte DPR-Präsident Andreas Westerfellhaus. „Das Bundeskabinett hat damit die richtigen Weichen für die Zukunft der so wichtigen Pflegeberufe gestellt.“
Die Neuregelung sei dringend geboten und sie werde von den professionell Pflegenden zu Recht gefordert. „Bislang hat sich die Pflegeausbildung an den zu versorgenden Altersgruppen – Kinder, Erwachsene, alte Menschen – und an den Institutionen der Versorgung – Krankenhaus, Altenheim – orientiert“, so Westerfellhaus. „Mit Hilfe der generalistischen Pflegeausbildung wird es nun erstmals gelingen, die erforderlichen pflegerischen Kompetenzen für pflegebedürftige und kranke Menschen jeden Alters in den Mittelpunkt zu stellen.“
DGB kritisiert „Schmalspurausbildung“
Doch es gibt nicht nur Zustimmung zu der Kabinettsentscheidung „Der Gesetzentwurf sorgt für mehr Breite, aber viel weniger Tiefe in der Ausbildung“, kritisierte der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer. „Wir rechnen damit, dass zehntausende Ausbildungsplätze verloren gehen, weil es gerade für kleinere und mittlere Einrichtungen viel zu teuer und viel zu bürokratisch wird, junge Menschen auszubilden.“ Zudem würden die Auszubildenden nach Abzug von Urlaub und anderen Fehlzeiten nur noch 20 Wochen in drei Jahren im Ausbildungsbetrieb sein. Das sei keine Ausbildung, das sei ein verlängertes Schnupper-Praktikum.
„Der Ansatz einer generalisierten Ausbildung vernachlässigt die sehr komplexen Anforderungen der einzelnen Pflegerichtungen, beispielsweise die Unterschiede zwischen Langzeit- und Akutpflege oder zwischen medizinisch orientierter Pflege und geronto-psychiatrischer Pflege“, mahnte das Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Annelie Buntenbach. „Kompetenzen einzuebnen macht Pflegeberufe nicht attraktiver – im Gegenteil: Das führt zu einer Schmalspurausbildung, die die Berufsfähigkeit nach Abschluss der Ausbildung gefährdet.“
Grüne: Viele Fragen sind noch nicht geklärt
Die Opposition kritisiert, dass zu viele Fragen noch ungeklärt seien. „Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten? Wie sehen die Ausbildungsinhalte aus? Gibt es überhaupt genug Kapazitäten im schulischen wie im praktischen Bereich, um eine generalistische Ausbildung umsetzen zu können? Und wer macht die fertig ausgebildeten generalistischen Pflegekräfte fit, damit sie in einem spezifischen Beruf arbeiten können?“, fragte Elisabeth Scharfenberg von Bündnis 90/Die Grünen.
Das Pflegeberufsgesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Es soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden, damit der erste Ausbildungsjahrgang 2018 starten kann.
© fos/aerzteblatt.de

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