Ärzteschaft
Neujahrsempfang: Ärzteschaft setzt auf die Selbstverwaltung
Freitag, 15. Januar 2016
Berlin – Zum Beginn des neuen Jahres haben die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erneut die Bedeutung der ärztlichen Selbstverwaltung hervorgehoben. „Selbstverwaltung funktioniert“, erklärte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery gestern Abend vor den rund 600 geladenen Gästen beim Neujahrsempfang beider Organisationen in Berlin.
Mit Blick auf die Auseinandersetzungen zwischen Haus- und Fachärzten um einen angemessenen Interessenausgleich in der KBV-Vertreterversammlung während der vergangenen Monate betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen: „Die KBV ist wieder auf Kurs.“ Man habe sich für 2016 viel vorgenommen. „Wir wollen das KV-System wieder zum maßgeblichen Ideengeber machen.“ Dafür wolle man die KV-Strukturen auf den Prüfstand stellen, für einen fairen Interessenausgleich der verschiedenen Arztgruppen sorgen und auch die Interessen des Nachwuchses besser berücksichtigen.
Gröhe: Keine Kompromisse bei der Rechtstreue
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) forderte, die ärztliche Selbstverwaltung müsse die Gesprächsfähigkeit untereinander verbessern. Nur so ließen sich die aktuellen Konflikte zwischen Haus- und Fachärzten lösen. Auch die Politik setze sich für einen fairen Interessenausgleich ein. Er könne deshalb nicht verstehen, dass die KBV Klage gegen die Ersatzvornahme des Ministeriums erhoben habe, die der KBV-Vertreterversammlung vorschreibt, dass sie bei Abstimmungen, die Haus- und Fachärzte gleichermaßen betreffen, Stimmengleichheit herstellen muss.
Der Minister ließ zugleich durchblicken, dass er keine Kompromisse bei der Rechtstreue dulde. Denn die KBV-Vertreterversammlung hatte es mehrfach abgelehnt, die Regelung zur Parität in der Vertreterversammlung aus dem Versorgungsstärkungsgesetz umzusetzen. Das Ministerium hatte die erforderliche Satzungsänderung deshalb zwangsweise mit Hilfe der Ersatzvornahme durchgesetzt.
„Nutzen Sie diesen Empfang als Ermutigung für ein besseres Miteinander, für einen Neustart“, sagte Gröhe. KBV-Vorstand Gassen hatte bereits Ende letzten Jahres angekündigt, dass die Vertreterversammlung im Februar im Rahmen einer Klausursitzung über die Positionierung der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten zur Bundestagswahl 2017 beraten werde. Dann werde die KBV auch noch einmal einen eigenen Vorschlag zur Umsetzung der vom Gesetzgeber gewünschten Parität einbringen.
Als große Herausforderung für das Gesundheitssystem sieht der Bundesgesundheitsminister die angemessene Versorgung der großen Zahl der Flüchtlinge in Deutschland. Auch BÄK-Präsident Montgomery hält das für ein „zentrales Problem“ in diesem Jahr. Er nutzte, wie auch Gröhe, den Empfang, um den Ärztinnen und Ärzten für ihren unermüdlichen und oft ehrenamtlichen Einsatz bei der Versorgung der Flüchtlinge zu danken.
"Eine neue GOÄ ist überfällig"
Ein weiterer zentraler Punkt auf der Tagesordnung für 2016 ist für die Ärzteschaft die Verabschiedung der neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). „Wir brauchen eine neue GOÄ, die Rechtssicherheit schafft für die Versicherten“, betonte Montgomery. Er hoffe auf klare Beschlüsse beim außerordentlichen Ärztetag in der nächsten Woche in Berlin.
Dort wollen die Delegierten offene Fragen am GOÄ-Entwurf klären, damit dieser endgültig mit der Privaten Krankenversicherung abgestimmt und vom Bundesgesundheitsministerium in Kraft gesetzt werden kann. Aus dem Ministerium kommen positive Signale. „Eine neue GOÄ ist überfällig“, sagte Minister Gröhe. Er strebe eine rasche Einigung an, „rechtzeitig vor dem Druck der Wahlplakate“ für die Bundestagswahl 2017. © HK/aerzteblatt.de

„Selbstverwaltung funktioniert“ - NICHT!
Die KBV-VV hatte es dreimal abgelehnt, eine Regelung zur Parität in der Vertreterversammlung nach Vorgabe des Versorgungsstärkungsgesetzes umzusetzen. Das Ministerium hatte deshalb die erforderliche Satzungsänderung zwangsweise eingeführt.
Der KBV-"Zwergenaufstand" dagegen, mit einer ziemlich aussichtslosen Klage zu reagieren, erinnert an ängstlich lautes Pfeifen im finsteren Wald. Denn die KBV wäre gut beraten, ihre Klage zurückzuziehen, um nach über 30 Jahren der Untätigkeit und Stagnation den erfolgreichen Abschluss einer neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nach der Bundesärzteordnung (BÄO) nicht zu gefährden und sich damit nicht vollends unglaubwürdig zu machen.
Die Ärzteschaft ist so kurz vor ihrem GOÄ-Sonderärztetag zerstritten wie nie zuvor. Das ermutigte nicht zuletzt die SPD, die GOÄ-Reform mit klammheimlicher Unterstützung der Opposition stoppen zu wollen. Selbst der "Hartmannbund" formulierte im Windschatten der BÄK eine Art "Dolchstoßlegende", die nur noch als Entsolidarisierung und Auflösung der verfassten Ärzteschaft verstanden werden kann.
Nur weil einige Ärzteverbände aus durchaus unterschiedlichen Motiven der BÄK und ihrem GOÄ-Verhandlungsführer z u R e c h t vorwerfen, dass die BÄK das Thema Aktualisierung der GOÄ seit über 30 Jahren verschlafen, die jahrelangen Verhandlungen unprofessionell-dilettantisch geführt bzw. Gerüchtebildung und Intransparenz inszeniert haben, will man uns kritischen Kolleginnen und Kollegen, welche nur Transparenz, Realismus, Offenheit und Aktualität einfordern, die Torpedierung der neuen GOÄ vorwerfen!
Ein Lichtblick in der Debatte: Der Marburger Bund (MB) Vorsitzende und Kollege Rudolf Henke, Mitglied der CDU-Bundestagsfraktion (Wahlkreis Aachen I) und des BT-Gesundheitsausschusses, tritt öffentlich in seiner gleichzeitigen Funktion als Präsident der Ärztekammer Nordrhein den Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion nach Aussetzen der Novellierung der GOÄ scharf entgegen.
Ganz im Gegensatz zur bisherigen MB-Linie, gemeinsam mit ewig gestrigen Ärztefunktionären, einem dilettantisch operierenden MB-Ärzte-Vertreter in der GOÄ-Verhandlungskommission und einzelnen Kollegen alles zu boykottieren, was auf GOÄ-Transparenz, deren Aktualisierung, rechts-sichere, betriebswirtschaftliche Kalkulation bzw. Verbesserung der Lebens- und Arbeitssituation von uns niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten hinausläuft.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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