Ärzteschaft
Windhorst: Chance für neue GOÄ nutzen
Donnerstag, 21. Januar 2016
Berlin - Am kommenden Samstag findet der Sonderärztetag zur Novellierung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) in Berlin statt. Der Sonderärztetag war notwendig geworden, nachdem die Delegiertenversammlungen der Ärztekammern von Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg ihn beantragt hatten. Das Deutsche Ärzteblatt hat den Vorsitzenden des GOÄ-Ausschusses der Bundesärztekammer gefragt, was er vom außerordentlichen Ärztetag erwartet.
Herr Windhorst, auf dem letzten Deutschen Ärztetag haben Sie die Verhandlungen zur GOÄ-Novelle mit einem Zug verglichen, der richtig Fahrt aufnimmt. Nun warnt Gesundheitsminister Hermann Gröhe vor dem Sonderärztetag davor, den Zug kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof entgleisen zu lassen. Kommt es am Samstag zum Crash?
Ich glaube nicht, dass die Delegierten den Novellierungsprozess tatsächlich aus dem Gleis heben wollen. Das ist vielmehr erklärter Wille von Teilen der SPD. Die können es doch gar nicht abwarten, dass wir die Strecke für ihre Bürgerversicherung frei machen. Ich glaube aber nicht, dass der Ärztetag ihnen diesen Gefallen tut.
Woher nehmen Sie Ihren Optimismus?
Die Novelle der Gebührenordnung ist eine Forderung des Deutschen Ärztetages, der in den vergangenen Jahren klar formuliert hat, welche Kriterien die neue GOÄ erfüllen muss. Nachdem uns das Ministerium aufgefordert hat, einen gemeinsamen Vorschlag mit den Kostenträgern zu entwickeln, haben wir mit dem PKV-Verband hart über jeden einzelnen dieser Punkte verhandelt. Natürlich können nicht alle Forderungen, die wir in die Verhandlungen hineintragen, am Ende auch vollständig durchgesetzt werden, zumal das letzte Wort immer der Verordnungsgeber hat. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass wir im Ergebnis eine Gebührenordnung bekommen, die endlich Rechtssicherheit schafft, die betriebswirtschaftlich sauber durchkalkuliert ist und die kontinuierlich auf dem Stand des medizinischen Fortschritts und der Kostenentwicklung gehalten werden kann. Wir haben jetzt die Chance, unsere Uralt-Gebührenordnung gegen eine GOÄ einzutauschen, die uns nicht per Ukas vom Verordnungsgeber vorgesetzt wird, sondern die wir maßgeblich mit entwickelt haben. Das muss man sich bei allen Aufgeregtheiten einfach `mal vergegenwärtigen.
War es ein Fehler, dass die Verhandlungen monatelang im Geheimen geführt wurden?
Die Folge von zu viel Vertraulichkeit ist, dass manche Kollegen verunsichert sind – oder verunsichert worden sind. Wir müssen uns deshalb selbstkritisch fragen, ob wir trotz des Schweigegelübdes, das das BMG uns abverlangt hat, auf mehr Transparenz hätten pochen sollen. Aber bei der GOÄ-Novellierung handelt es sich um ein Verfahren des Verordnungsgebers. Mit der Folge, dass die Novelle vom Ministerium erst zur Veröffentlichung freigegeben wird, wenn diese zur parlamentarischen Beratung vorliegt. Wir haben trotzdem unseren Spielraum voll ausgereizt. Wir haben auf Veranstaltungen der Ärztekammern, gegenüber Verbänden und Fachgesellschaften und in ausführlichen Publikationen bei Ihnen im Ärzteblatt über den Stand der Verhandlungen informiert. Und wir haben beim Minister darauf gedrungen, dass wir auf dem Sonderärztetag die Möglichkeit haben, auf der Ton-Spur mehr zu sagen, als auf der schriftlichen Ebene. Sie können davon ausgehen, dass wir am Samstag ganz offen über die verschiedenen Aspekte der Novelle diskutieren werden.
Dabei werden Befürchtungen von Kollegen zur Sprache kommen, es könnte zu einer „EBMisierung“ der GOÄ kommen. Ist das angesichts der Pläne für eine Gemeinsame Kommission mit der PKV eine berechtigte Sorge?
Absolut nicht. Es gibt in der neuen GOÄ keine Punktwerte, sondern feste Euro-Bewertungen. Es gibt keinen Kollektivvertrag a´ la GKV, sondern es bleibt bei patientenindividuellen Behandlungsverträgen. Es gibt keine Regelleistungsvolumina und schon gar keine Honorarsteuerung durch Budgets. Und auch die Gemeinsame Kommission hat mit dem Bewertungsausschuss aus dem SGB V nichts gemein. Sie tritt an die Stelle des bisherigen Zentralen Konsultationsausschusses. Allerdings wird sie durch ihre gesetzliche Verankerung in der Bundesärzteordnung und ihrer Möglichkeit, beim BMG unmittelbare Impulse für die Weiterentwicklung der GOÄ zu geben, deutlich schneller und flexibler agieren können als das bisher möglich war. Ganz wichtig ist, dass die Gemeinsame Kommission selbst keine Beschlüsse nach der Art des Bewertungsausschusses fasst, sondern lediglich abgestimmte Empfehlungen abgibt.
Sie kann also keine Veränderungen einleiten, die sich gegen die Ärzteschaft richten?
Nein, wenn sich die acht Kommissionsmitglieder, also vier von der BÄK und je zwei vom PKV-Verband und von der Beihilfe, nicht einig werden, dann gibt es auch keine Empfehlung. Dann werden die jeweiligen Standpunkte direkt dem BMG vorgelegt und nicht irgendeinem Schlichter, wie das im Erweiterten Bewertungsausschuss im vertragsärztlichen Bereich vorgesehen ist.
GOÄ-Novelle: Aktueller Sachstand
Die Chancen für die erste Gesamtnovelle seit 1982 stehen gut. Kein Geringerer als der Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe (CDU), hat es am 12. Mai 2015 in der Frankfurter Paulskirche anlässlich der Eröffnung des 118. Deutschen Ärztetages (DÄT) nochmals bestätigt: Nachdem in der vorangegangenen Legislaturperiode die Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ) modernisiert worden sei, wäre es nun
Kritiker wenden ein, dass die mit der PKV erarbeiteten Neuregelungen nicht mehr mit dem Anspruch eines freien Berufes vereinbar sind. Was entgegnen Sie?
Ich sage ganz klar, dass die neue GOÄ die ärztliche Freiberuflichkeit in keiner Weise beeinträchtigt. Die GOÄ bleibt eine Einzelleistungsgebührenordnung, mit der Leistungen abgerechnet werden können, die auf Basis eines patientenindividuellen Behandlungsvertrages erbracht wurden. Die Leistungsbewertungen werden auf Grundlage einer Kostenträgerzeitrechnung festgelegt. Dadurch ist es möglich, dass wir die Kostenentwicklungen unter Berücksichtigung der Inflationsentwicklung bei der Pflege der GOÄ regelmäßig anpassen können. Besonders wichtig ist, dass es auch künftig Möglichkeiten für abweichende Honorarvereinbarungen geben wird.
Stichwort Steigerung: Künftig soll es nur noch einen einfachen und nur in besonderen Fällen einen zweifachen Gebührensatz geben. Warum?
Weil der neue Einfachsatz für die allermeisten Abschnitte aller Voraussicht nach mehr als doppelt so hoch ausfallen wird als heute. Und nochmal: Es gibt zusätzlich die Möglichkeit zur Vereinbarung abweichender Steigerungssätze mittels abweichender Honorarvereinbarung. Im Übrigen werden Gesprächs-, Beratungs- und Zuwendungsleistungen entsprechend der tatsächlichen Dauer der Leistung abgerechnet. Man muss also nicht mehr wegen der besonderen Dauer der Leistung steigern. Das alles macht uns das Leben sehr viel leichter.
Aber was passiert, wenn die Novelle am Samstag doch aus dem Gleis springt?
Ich will nicht schwarzmalen oder irgendwelche Drohkulissen aufbauen. Aber in dieser Legislaturperiode wird es dann wohl nichts mit einer neuen GOÄ. Und dass die nächste Regierung erneut ein von uns maßgeblich entwickeltes Konzept zur Grundlage einer Novelle machen würde, ist eher unwahrscheinlich. Diese Fragen stellen sich jetzt aber nicht. Die meisten ärztlichen Gruppen haben in den letzten Tagen deutlich gemacht, dass sie sich konstruktiv in die Beratungen einbringen wollen. Wir wollen deshalb auf dem Ärztetag die Gelegenheit nutzen, ausführlich über die Novelle zu informieren und zu diskutieren. Und um noch einmal Ihr Bild vom Anfang zu bemühen: Ich bin zuversichtlich, dass die Delegierten am Ende das Signal auf Grün stellen werden. © DÄ/aerzteblatt.de

Artikel der Berliner Morgenpost Sonntag 24.Januar 2016
"Ärzte verlangen mehr Geld für Privatpatienten".
Das ist nach dem "ausserordentlichen" Deutschen Ärztetag, wie er satzungsgemäss bezeichnet wird und unter einem BÄK-Präsidenten Montgomery zum "Sonderärztetag" mutierte, das Ergebnis eines in Berlin ziemlich halbstark auftretenden Landesärztekammerpräsidenten aus Westfalen-Lippe.
Kritiker, wie Kollege Wille aus Berlin mit einem von 3 in Tagesordnung aufgeführten Programmpunkten Vortrag, der dem vom Präsidenten geforderten akademischen Diskurs wirklich entsprach und sozialpolitische Steuerungsmechanismen beleuchtete, wurden seitens des Präsidiums/Sitzungsleitung "sonderbehandelt".
Die Reichsärztekammer wiedererstanden - you did it BÄK!

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