Ärzteschaft
Ärztetag stärkt Bundesärztekammer bei GOÄ-Novelle den Rücken
Samstag, 23. Januar 2016
Berlin - Die Delegierten des außerordentlichen Deutschen Ärztetages haben heute in Berlin den Verhandlungsführern der Bundesärztekammer (BÄK) bei der Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) den Rücken gestärkt: Mit großer Mehrheit stimmten sie in Berlin für einen entsprechenden Leitantrag des BÄK-Vorstandes. Damit sind die Weichen für eine Weiterführung der Verhandlungen mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) sowie der Privaten Krankenversicherung (PKV) gestellt.
In dem Antrag beauftragen die Abgeordneten den Ausschuss Gebührenordnung bei der BÄK, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass die neue GOÄ eine "doppelte Schutzfunktion" für Ärzte und Patienten erfüllt – für Patienten, die vor finanzieller Überforderung geschützt werden sowie für Ärzte, deren Leistung angemessen vergütet wird. Außerdem appellieren die Delegierten an die Bundesregierung, die Novelle der GOÄ noch in dieser Legislaturperiode in Kraft zu setzen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte noch auf dem Neujahrsempfang der Deutschen Ärzteschaft Mitte Januar bekräftigt, in diesem Jahr eine Novelle verabschieden zu wollen. Im Gegensatz zu seinen beiden Amtsvorgängern, Philipp Rösler und Daniel Bahr (beide FDP), hat Gröhe keine Verpflichtung durch den Koalitionsvertrag, eine GOÄ-Novelle durchzusetzen.
Die Delegierten überwiesen Anträge, die eine Unterbrechung der laufenden Verhandlungen bedeutet hätten, an den zuständigen Ausschuss. "Das war ein klarer Vertrauensbeweis für den Vorstand der BÄK und die Verhandlungsführer, die sich seit Jahren für eine neue GOÄ einsetzen," erklärte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery in einer Mitteilung im Anschluss an den außerordentlichen Ärztetag.
Kontroverse Debatte über Änderung der Bundesärzteordnung
In der kontroversen und teilweise emotionalen Debatte war das Meinungsbild sehr unterschiedlich: Einige Redner forderten den absoluten Stopp der Verhandlungen, andere Korrekturen in Einzelfällen und die Mehrheit die Stärkung der aktuellen Verhandlungsführer. So artikulierten einige Delegierte ihre Sorge, die Freiberuflichkeit könne in Gefahr geraten, wenn im Zuge der Novellierung der Paragrafenteil der GOÄ sowie auch der Paragraf 11 der Bundesärzteordnung geändert werde. Im Paragraf 11 sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für die GOÄ festgelegt. Änderungen in beiden Bereichen seien allerdings nötig, um die Vorgaben des Gesetzgebers einzuhalten, erläuterten Mitglieder des BÄK-Vorstandes sowie die Verhandlungsführer.
Im Zuge der Änderung des Paragrafen 11 der Bundesärzteordnung ist auch die Gründung einer Gemeinsame Kommission (GeKo) vorgesehen, die Empfehlungen zur Weiterentwicklung der GOÄ abgeben soll. Die GeKo ist mit vier ärztlichen Vertretern sowie je zwei Vertretern der PKV und der Beihilfe besetzt. Da jedes Mitglied in diesem Gremium ein Veto-Recht hat, muss das BMG im Streitfall eine Lösung herbeiführen.
Die Einrichtung der GeKo bereitete vielen Delegierten allerdings die Sorge, hier könne zu viel Einfluss von Nicht-Ärzten und insbesondere der Privaten Krankenversicherung auf die GOÄ genommen werden. "Ist es wirklich so, dass die Empfehlungen aus diesem Gremium vergleichbar sind mit denen des derzeitigen zentralen Konsultationsausschusses", fragte Elmar Wille, Vizepräsident der Landesärztekammer Berlin, der das Referat für die Kritiker der GOÄ-Novelle vor den Delegierten hielt. Er komme eher zum Schluss, dass durch stärkeren Einfluss der PKV und der Beihilfe die ärztliche Freiberuflichkeit eingeschränkt werde.
Vertraulichkeit vom BMG vorgeschrieben
Dem widersprachen etliche Delegierte: "Wir müssen uns einigen, nicht mit Gegnern, sondern mit Partnern", hieß es da. "Für mich speist sich die Freude am Beruf aus dem Grundgesetz und nicht aus der GOÄ", erklärte Andreas Botzlar, Vize-Präsident des Marburger Bundes.
GOÄ-Novelle: Aktueller Sachstand
Die Chancen für die erste Gesamtnovelle seit 1982 stehen gut. Kein Geringerer als der Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe (CDU), hat es am 12. Mai 2015 in der Frankfurter Paulskirche anlässlich der Eröffnung des 118. Deutschen Ärztetages (DÄT) nochmals bestätigt: Nachdem in der vorangegangenen Legislaturperiode die Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ)
Die Verhandlungsführer der BÄK erklärten, sie hätten an einigen Stellen mehr kommunizieren können. Allerdings müsse klar sein, dass "man solche Verhandlungen nur unter Vertraulichkeit" führen könne und nicht in einer großen Runde. Außerdem habe das BMG ein "Verschwiegenheitsgelübde" von allen Verhandlungspartnern gefordert. Allerdings habe das Ministerium zugesichert, nach Ende der Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, alle Verbände – Ärzte wie Versicherungen – dazu noch einmal in einem Anhörungsverfahren zu Wort kommen zu lassen.
Der Hausärzteverband sowie die Allianz Deutscher Ärzteverbände kündigten in einer gemeinsamen Mitteilung im Anschluss an den Ärztetag an, die Arbeit des Vorstandes sowie der Verhandlungsführer weiter kritisch zu begleiten. Sie forderten "einen fairen und offenen Dialog mit der gesamten Ärzteschaft." © bee/aerzteblatt.de

Ärztetag stärkt Bundesärztkammer bei GOÄ-Novelle den Rücken
Aber wie sind diese hehren Ziele zu realisieren, wenn bisher offenbar weder die BÄK mit ihrem Ausschuss für Gebührenordnung noch die Privatkassen sich in der Lage sehen, der verbreiteten "übermäßigen Liquidation unter Missachtung der Berufsordnung und den Vorgaben der GOÄ" Paroli zu bieten.
Die bisherigen Hinderungsgründe der BÄK sind mir nicht bekannt. Für die Privatkassen ist es offenbar bequemer, die Beiträge zu erhöhen, als jeder überhöhten Arztrechnung nachzugehen.
Diese "Abzocker" schaden nicht nur ihren PatientInnen, sondern auch ihren KollegInnen, da zwangsläufig die Beiträge auch in den Arzt-Gruppentarifen steigen und steigen...
Da hilft kein Lamentieren und kein "weiter so"!

"Denn sie wissen nicht, was sie tun" oder "Die Mauer des Schweigens"?
Die Ärzte Zeitung hatte bereits am 24.08.2004, also vor gut 11 Jahren, berichtet, dass die Privaten Krankenversicherer bei den Arzthonoraren auf die Bremse treten wollen. „Die derzeitige Einzelleistungsvergütung hat sich nach Angaben von Wilfried Johannßen, Vorstand der Allianz Private Krankenversicherung, nicht bewährt: "Ein weitgehend pauschaliertes Vergütungssystem würde der derzeit noch ungebremsten Mengenausweitung entgegenwirken."
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/article/321663/pkv-will-honorar-aerzte-begrenzen.html
Am 30.05.2006 hatte die Ärzte Zeitung geschrieben: „Auf dem Weg aus der Sackgasse - Von Ilse Schlingensiepen - Das ist eine gute Nachricht: Die privaten Krankenversicherer (PKV) und die Bundesärztekammer wollen die Verhandlungen über die Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte aus der Sackgasse holen. Im Juni (2006) werden sie ihre unterschiedlichen Positionen vergleichen und prüfen, wo Bewegung auf der einen oder anderen Seite möglich ist.“
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/article/406489/weg-sackgasse.html
Am 22.12.2009 wurde gemeldet: „GOÄ-Novelle wird zum Machtkampf von Ärzten und PKV“ - Bei der Novelle der Gebührenordnung für Ärzte droht ein Großkonflikt zwischen Ärzten und PKV-Branche. Die Versicherer wollen den starken Kostenzuwachs stoppen.“ Und ein allseits bekannter GOÄ-Verhandlungsführer tönte dazu schon vor gut 6 Jahren: "Die Öffnungsklausel wäre eine Kriegserklärung", sagt Dr. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und stellvertretender Vorsitzender des Gebührenordnungs-Ausschusses der Bundesärztekammer (BÄK). Die PKV wolle eine Preisspirale nach unten in Gang setzen, kritisiert er. "Das werden wir nicht dulden."
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gp_specials/jahresendausgabe-2009/article/581578/goae-novelle-machtkampf-aerzten-pkv.html
Dem ist kaum noch etwas hinzuzufügen.
Das Motto des außerordentlichen Deutschen Ärztetages müsste eher "Ampeln, Applaus, verärgerte Delegierte und eine Omertà als Ehrenkodex" lauten. Denn keine einzige Gebührenordnungs-Position (GOP) der GOÄneu wurde exemplarisch als pars pro toto erörtert. Alle GOÄneu-Verhandlungspartner haben sich ein stricktes "Schweigegelübde" auferlegt, um ihre jämmerlich dürftigen Verhandlungsergebnisse nicht preisgeben zu müssen.
Mindestens wäre zu erwarten gewesen, dass nach acht Jahren angeblich intensiven und "knallharten" Verhandlungen bzw. fünfjähriger Begleitung durch Deutsche Ärztetags-Beschlüsse wenigstens 10 von mehreren tausend GOPs medizinisch-inhaltlich und betriebs-wirtschaftlich fertig kalkuliert, verhandelt und zur abschließenden Diskussion gestellt werden könnten. Aber der ärztliche Part in der GOÄneu-Verhandlungskommission hatte nicht mal diese Hausaufgaben erledigt.
Stattdessen ein langatmig-ermüdender Vortrag und ein Chart mit 19 "Ampeln", die mehr oder weniger selbstgefällig auf gelb oder grün geschaltet waren! Die Interpretation stellte sich als ziemlich kindisch heraus: Denn die einzig und allein Alles entscheidende Ampel steht unverrückbar auf "Rot" - die nach nunmehr 19 Jahren Nullrunde ausstehende Erhöhung des Punktwertes aus der alten Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) fällt als schlechtestes aller Verhandlungsergebnisse in einem "worst case scenario" vollkommen flach!
Dass in der Berichterstattung des Deutschen Ärzteblattes der latent aggressiv-vorwurfsvolle, scheinbar eher narzisstisch-gekränkte und ziemlich peinliche Vortrag des Marburger-Bund-Funktionärs und Verhandlungsführers an dieser und anderen Stellen unerwähnt bleibt, hat wohl tieferliegende Gründe. Man wollte kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Denn die Bundesärztekammer (BÄK) ist eigentlich ein alternativloser Totalausfall:
• GOÄ-Systematik auf dem Stand vom 16.4.1987 (BGBl. I, S. 1218)
• GOÄ-Punktwert-Anhebung in 33 Jahren (1983-2016) um insgesamt 14 %
• kalkulatorischer Punktwert 10 (1983), 11 (1988), 11,4 Pfennige (1996)
• jährlicher Punktwertanstieg durchschnittlich 0,42% p. a.
• Nullrunde mit 0,0 Prozent Punktwerterhöhung seit 1997 (19 Jahre!)
In juristischen Kreisen wäre eine derartig dilettantische Verhandlungsführung z. B. bei RENO-Gebührenordnungs-Novellen obsolet. Jegliche Beteiligung und Verquickung der verhandlungsführenden Partei mit der Gegenseite würde juristisch als "P a r t e i v e r r a t" gelten:
GOÄ-Verhandler und Verantwortliche auf der BÄK-Ärzteseite sollten ihre Beratertätigkeiten im Ärztebeirat der Allianz Privaten Krankenversicherungs-AG in Frage stellen. Diese Ärztevertreter stehen in einem Interessenkonflikt, wenn die GOÄ-PKV-Verhandlungsführerin Birgit König auf Seiten der Privaten Krankenversicherer zugleich auch die Vorsitzende der Allianz Privaten Krankenversicherungs-AG ist. BÄK-Präsident Prof. h. c. (HH) Dr. med. F. U. Montgomery sei laut Geschäftsbericht 2014 des Versicherungskonzerns Vorsitzender im Ärztebeirat der Allianz AG. Der Ärztebeirat tage jährlich, so die Auskunft der Allianz Deutschland AG. „Der Ärztebeirat ist ein beratendes Gremium zu Fragen und Trends im Gesundheitssystem“, so Alexandra Kusitzky von der Allianz-Unternehmenskommunikation. Auch der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, CDU-MdB Rudolf Henke und MB-Vorsitzender, sei im Allianz-Ärztegremium Mitglied.
Da erscheint der Satz von Montgomery: "Mir wird von den Verhandlungskommissionen mitgeteilt, dass das bis Ende des Jahres [2014] der Fall sein wird." Und weiter: "Unser Ziel ist es, eine Regelung zu finden, die dazu führt, dass eine Reform eben nicht erst wieder nach 30 Jahren erfolgt."
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/berufspolitik/article/868195/baek-praesident-goae-reform-letzten-huerden.html
in einem völlig neuen Licht.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Es ist eine Schande, was der Vorstand der BÄK mit uns spielt
Den Verlauf der Debatte konnte man im änd mitverfolgen. Reihenweise basisnahe Argimente wurden vorgetragen. Und dann kam der Antrag auf Schluß der Debatte, keine Anträge wurden mehr zugelassen, eine Mehrheit für den Antrag von Dr.Metke (Baden-Württemberg) und anderen wurde knapp nicht erreicht, und dann hat das Imperium zurückgeschlagen.
Die Herren und wenigen Damen um Windhorst, Rochell und Montgomery werden spüren, daß das ein Pyrrhus-Sieg gewesen ist. Wie heiß6t es so schön "einen kann man immer belügen, ein paar nur eine gewisse Zeit, aber alle nie!"
Nochmal Star Wars: Die Macht sei mit uns!
Die meisten von uns dürften enttäuscht sein, aber ganz ehrlich, haben wir tatsächlich etwas anderes erwartet?

Die staatliche Volkskammer hat entschieden: EBMisierung statt freie GOÄ
leider haben gestern die Kräfte gewonnen, die noch nie oder nicht mehr lange nach GOÄ abrechnen werden, bzw. sich aufgrund "überbordender" Kollegenrechnungen um ihrer Altersrückstellugen barmten.
Gewonnen hat auch der Marburger Bund, der vermutet, dass durch eine ärztlich selbstbestimmte GOÄ (ohne Beihilfe und PKV Einfluss) den darbenden Krankenhäusern weitere Mittel entzogen würden.
Gewonnen hat auch die Bundesärztekammer, die durch die Änderung der Bundesärzteordnung ihren Vereinsstatus verlieren wird und dann mit einem deutlich aufgeblähten Machtapparat vermutlich eine neue, teure Körperschaft des öffentlichen Rechtes werden wird.
Gewonnen hat die Politik und die Beihilfe, die durch die Gemeinsame Kommission (wie GBA) die Honorarentwicklung wie im EBM regeln wird.
Verloren haben die Landesärztekammern, die Kompetenz der ärztlichen Selbstverwaltung an das Bundesministerium für Gesundheit und die PKV/Beihilfe abgeben werden.
Verloren haben die Kollegen, die auf eine frei GOÄ Neu mit Inflationsausgleich hofften.
Verloren hat auch der freie, ärztliche Beruf - dieser wurde gestern zu Grabe getragen, der Kümmerer, der eben nicht um 16.00 die "Griffel" fallen läßt, sondern sich auch zu Unzeiten freiwillig und selbstbestimmt sich um die Patienten kümmert, scheint nicht mehr gewollt zu sein.
Ein fatales Signal vor allem auch an die jungen, niederlassungswilligen Kollegen, die die GOÄ zur Quersubvention ihrer Praxen benötigen.
Die Juristen haben ihre neue Gebührenordnung ohne die Allianzversicherung verabschiedet und dann dem Ministerium vorgelegt - bei uns sitzt die Allianz mit am Tisch.
Zu glauben, man müsse bei einer neuen Gebührenordnung auch an die Patienten denken ist absolut richtig - Patienten und Ärzte haben eine GOÄ verdient, bei der die PKV und die Beihilfe nicht mit dem Rotstift vorab zugange sind.
Dr. Steffen Grüner, ÄK Nds

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