NewsMedizinWarum Herzinfarkte bei Frauen anders verlaufen
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...

Medizin

Warum Herzinfarkte bei Frauen anders verlaufen

Dienstag, 26. Januar 2016

dpa

Dallas – Frauen erkranken aus anderen Gründen als Männer an einem Herzinfarkt. Ihre Symptome sind schwerer zu erkennen und auch in der Behandlung und Nachsorge gibt es Unterschiede, die leicht zu einer höheren Sterblichkeit führen können. Die American Heart Association hat die Gender-Unterschiede in Circulation (2016; doi: 10.1161/CIR.000000000000035116) zusammengefasst.

Eigentlich kommt das Scientific Statement, das ein Team um die Kardiologin Laxmi Mehta vom Wexner Medical Centers in Columbus/Ohio verfasst hat, fast schon zu spät. Der Gender-Nachteil, der seit 1984 zu einer erhöhten Herzinfarktsterblichkeit von Frauen geführt hat, hat sich – zumindest in den USA – seit 2000 deutlich abgeschwächt und schon bald werden gleich wenig Frauen wie Männer am Herzinfarkt sterben. In den letzten Jahren hat es jedoch neue Erkenntnisse zu den Ursachen des Geschlechter­unterschieds gegeben, die die Publikation rechtfertigen.

Die Unterschiede beginnen in der Pathophysiologie. In beiden Geschlechtern werden Herzinfarkte durch Blockaden in den Koronargefäßen ausgelöst, die den Herzmuskel mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Bei Männern ist die Ursache in der Regel die Ruptur von atherosklerotischen Plaques oder die Erosion des Epithels auf seiner Oberfläche mit der Folge, dass ein Blutgerinnsel die Koronararterie verlegt. Bei Frauen ist die Ursache häufiger ein Koronar-Spasmus. Dies hat zur Folge, dass bei einem Viertel aller Frauen bei der anschließenden Herzkatheteruntersuchung keine Stenose gefunden wird.

Die unterschiedliche Pathophysiologie kann bei Frauen andere Symptome auslösen. Bei Männern kommt es in der Regel zu dem charakteristischen Vernichtungsschmerz im Brustbereich mit Ausstrahlung in Rücken, Schulter oder Kiefer und begleitet von Herzklopfen, Angst, Schwitzen oder Verdauungsstörungen. Frauen leiden häufiger unter atypischen, vagen Symptomen. Manchmal klagen sie lediglich unter Kurzatmigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder grippeähnliche Symptome. Die Gefahr, dass die Symptome nicht auf einen Herzinfarkt zurückgeführt werden, ist hoch. Hinzu kommt, dass einige Frauen die Gefahr nicht erkennen und sich nicht in medizinische Behandlung begeben.

Auch die Risikofaktoren sind unterschiedlich. Rauchen, Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Adipositas und Typ 2-Diabetes sind bei Frauen teilweise häufiger. Rauchen erhöht vor allem bei jungen Frauen das Herzinfarktrisiko (um den Faktor 7 im Alter unter 55 Jahren). Die arterielle Hypertonie ist laut Studien für ein Drittel (attributives Risiko 36 Prozent) aller Herzinfarkte bei Frauen verantwortlich. Bei den Blutfetten besteht das Paradox, dass niedrige Triglyzeridwerte und ein niedriges HDL-Cholesterin die Klinik- und 30-Tage-Letalität erhöhen.

Frauen sind häufiger fettleibig als Männer und die Adipositas ist bei ihnen häufiger Bestandteil eines metabolischen Syndroms, das bei jungen Frauen das Herzinfarktrisiko um den Faktor 5 erhöhen kann. Ein weiterer Risikofaktor sind Depressionen, an denen Frauen doppelt so häufig leiden wie Männer. In den USA haben Frauen afroamerika­nischer Herkunft ein besonders hohes Herzinfarktrisiko, da die Risikofaktoren arterielle Hypertonie, Adipositas und Typ 2-Diabetes hier besonders häufig sind. Dies gilt mit Einschränkungen auch für Frauen lateinamerikanischer Herkunft.

Trotz der Unterschiede sind die Therapieempfehlungen gleich. Koronarblockaden sollten nach Möglichkeit in einer perkutanen koronaren Intervention durch Platzierung eines Stents beseitigt werden. Die Fibrinolyse gilt heute als unterlegen, zumal sie mit einer erhöhten Rate von Blutungen verbunden ist. Auch die Indikationen für eine Bypass-Operation sind gleich. Die postoperativen Risiken sind jedoch für Frauen größer. In der Nachsorge gibt es ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Stents machen vorübergehend eine duale antithrombozytäre Therapie erforderlich. Die Patientinnen sollten auch dauerhaft mit ASS, ACE-Hemmern/AT1-Antagonisten und Statinen behandelt werden. © rme/aerzteblatt.de

Themen:
LNS
VG WortLNS

Fachgebiet

Stellenangebote

    Weitere...

    Archiv

    NEWSLETTER