Medizin
Belatacept verbessert langfristiges Transplantatüberleben
Freitag, 29. Januar 2016
San Francisco – Das Immunsuppressivum Belatacept kann die Funktion von transplantierten Nieren länger erhalten als das frühere Standardmedikament Ciclosporin. In der Nachbeobachtung einer Phase 3-Studie im New England Journal of Medicine (2016; 374: 333-343) kam es signifikant seltener zum Transplantatversagen oder dem Tod des Patienten.
Der Calcineurin-Inhibitor Ciclosporin gehört zu den Immunsuppressiva, die die Nierentransplantation erst möglich gemacht haben. Der Wirkstoff ist jedoch nephrotoxisch und steht deshalb im Verdacht, das langfristige Überleben des Transplantates zu gefährden.
Diese Bedenken gelten im Prinzip auch für die Nachfolgesubstanz Tacrolimus, die ebenfalls zu den Calcineurin-Inhibitoren gehört. Vor fünf Jahren wurde mit Belatacept ein Immunsuppressivum mit einem völlig anderen Wirkmechanismus eingeführt. Der Wirkstoff blockiert auf Antigen-bindenden Zellen den Rezeptor CTLA-4, der für die Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen benötigt wird. Eine nephrotoxische Nebenwirkung wird aufgrund des Wirkungsmechanismus nicht vermutet.
Das Mittel wurde 2011 auf der Basis von zwei Phase-3-Studien zugelassen. An der ersten Studie (Belatacept Evaluation of Nephroprotection and Efficacy as First-line Immunosuppression Trial, BENEFIT) hatten 660 Patienten teilgenommen. Sie hatten ein hochwertiges Nierentransplantat von einem jüngeren Spender erhalten. In der BENEFIT–Extension Study hatten die Teilnehmer Organe von älteren Patienten erhalten, auf die infolge des Mangels an Spenderorganen immer häufiger zurückgegriffen wird. In beiden Studien waren die Teilnehmer auf eine Immunsuppression mit Ciclosporin oder Belatacept (in zwei unterschiedlichen Dosierungen) randomisiert worden.
Belatacept war 2011 aufgrund der Ergebnisse der Studien zugelassen worden. Entscheidend war damals der Endpunkt Patienten/Transplantat-Überleben, der nach 12 Monaten in beiden Gruppen gleich war. Ciclosporin hatte sich damals als das effektivere Immunsuppressivum erwiesen. Die Zahl der Abstoßungsreaktionen war niedriger als nach Belatacept, wo die Patienten häufiger wegen Abstoßungskrisen behandelt werden mussten.
Schon damals zeichnete sich aber ab, dass Belatacept die Nierenfunktion besser erhalten kann. Flavio Vincenti von der Universität von Kalifornien in San Francisco konnte jetzt 417 der 660 Patienten sieben Jahre nach der Transplantation nachuntersuchen. Im Ciclosporin-Arm war es bei 40 von 221 Patienten zum Tod oder zum Transplantatverlust gekommen. Unter einer Behandlung mit Belatacept war dieser Endpunkt bei 26 von 226 in der niedriger-dosierten Therapie und bei 25 von 219 unter der intensiveren Behandlung gekommen.
Die Unterschiede waren signifikant mit einer Hazard Ratio für Tod oder Transplantatverlust von 0,57 für beide Belatacept Therapien verglichen mit Ciclosporin, und der Vorteil bestand, obwohl es unter Belatacept häufiger zu akuten Abstoßungsreaktionen gekommen war (24,4 Prozent unter niedriger Dosierung, 18,3 Prozent unter der höheren Dosierung) als unter der Immunsuppression mit Ciclosporin (11,4 Prozent).
Den Grund für die besseren Ergebnisse vermutet Vincenti in der besseren Nierenfunktion. Während die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate sich unter der Therapie mit Ciclosporin pro Jahr um 1,0 bis 1,9 ml pro Minute pro 1,73 m2 Körperoberfläche verschlechterte, verbesserte sie sich in den beiden Belatacept-Gruppen sogar ein wenig.
Ein überraschendes Ergebnis war, dass es in den Belatacept-Gruppen seltener zur Bildung von anti-HLA-Antikörpern kam: Die Prävalenz betrug 1,9 Prozent unter der höheren und 4,6 Prozent unter der niedrigeren Dosierung. Im Ciclosporin-Arm entwickelten 17,8 Prozent diese Antikörper, die das Überleben des Transplantates langfristig gefährden.
Insgesamt sprechen die Ergebnisse für den häufigen Einsatz von Belatacept, finden Eliot Heher und James Markmann vom Massachusetts General Hospital in Boston. Die Tatsache, dass Belatacept einmal pro Monat intravenös infundiert werden muss, und die höheren Kosten (21.000 versus 7.000 US-Dollar pro Jahr) hätten bisher einen breiteten Einsatz verhindert, schreiben die Editorialisten. Sie weisen auch darauf hin dass die Überlegenheit von Belatacept hinsichtlich des langfristigen Transplantatüberlebens in der BENEFIT–Extension Study bisher nicht nachgewiesen werden konnte. © rme/aerzteblatt.de

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