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Medizin

Studie: Kariesbakterien könnte Hirnblutungen fördern

Mittwoch, 17. Februar 2016

Bakterien im Zahnbelag /dpa

Osaka – Die gleichen Bakterien, deren Säureproduktion den Zahnschmelz zerstört und für Kariesläsionen verantwortlich ist, könnten auch die Gefäße in den Hirnarterien „aufweichen“ und damit die Entwicklung von Hirnblutungen fördern. Diese Hypothese versucht ein internationales Forscherteam in Scientific Reports (2016; doi: 10.1038/srep20074) zu belegen.

Der Karieserreger Streptococcus mutans produziert nicht nur Säuren, die die härteste Substanz des menschlichen Körpers, den Zahnschmelz, zersetzen. Einige Bakterien stellen auch ein Kollagen-bindendes Protein her, das Masafumi Ihara von der Universität Osaka für einen wichtigen Virulenzfaktor des Erregers hält.

Mit dem Protein auf seiner Oberfläche haftet S. mutans an Kollagen, was eine lokale Entzündung auslöst. Kollagengewebe gibt es auch in den kleineren Blutgefäßen des Gehirns, wo es infolge der Atherosklerose im Alter freigelegt wird. In das Gehirn gelangen die Bakterien über die Blutgefäße. Eintrittspforte sind laut Ihara die Gefäße in der Zahnwurzel, die durch die Karies freigelegt werden.

In einer früheren Untersuchung hatte das Team festgestellt, dass viele Patienten mit Mikroblutungen im Gehirn – sie werden heute häufig als Zufallsbefund in der Kernspin­tomographie entdeckt – 14-fach häufiger als andere Menschen Karieserreger im Mund haben, die das Gen cnm besitzen (Oral Diseases 2015; 21: 886-93). Das Gen cnm enthält die Erbinformation für das Kollagen-bindende Protein. Die Studie hatte allerdings nur 51 Patienten, was die Aussagekraft trotz einer statistisch signifikanten Assoziation infrage stellt.

Jetzt stellt das Team eine weitere Querschnittstudie an 99 Schlaganfall-Patienten vor. Bei sechs von 27 Patienten, deren Schlaganfall durch eine Hirnblutung ausgelöst wurde, wiesen die Forscher Kariesbakterien mit dem cnm-Gen im Mund nach. Unter den 67 Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall waren es nur vier Patienten. Ihara ermittelt eine Odds Ratio von 5,56 mit einem aufgrund der geringen Teilnehmerzahl weiten 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,43 bis 23,9.

Insgesamt 56 Patienten hatten Mikroblutungen im Gehirn. Bei den cnm-positiven Patienten waren es zwischen 3 und 13 Stück (median 8). Bei Patienten, deren Münder nicht mit cnm-positiven S. mutans besiedelt waren, wurden maximal vier Mikroblutungen (median 0,5) gezählt.

Auch dies war laut Ihara ein signifikanter Unterschied. In einer weiteren Analyse korrelierte die Zahl der Mikroblutungen mit der Stärke der Kollagenbindung der Bakterien in einem Labortest. Bei einer Patientin, einer 57-jährigen Frau, kam es ein Jahr nach einem Schlaganfall erneut zu einer Hirneinblutung. Sie befand sich genau an der Stelle, an der zuvor in einer Kernspintomographie eine Mikroblutung entdeckt worden war. Die Patientin hatte cnm-positive Kariesbakterien im Mund.

Die Argumentation ist schlüssig, aufgrund der geringen Fallzahl sind jedoch Zweifel angebracht. Außerdem fehlt der experimentelle Nachweis, dass die Bakterien tatsächlich in Versuchstieren eine Hirnblutung auslösen können. Schließlich müsste untersucht werden, ob die Beseitigung von cnm-positiven S. mutans, die etwa 10 Prozent der Bevölkerung im Mund haben, das Risiko von Hirnblutungen senkt. © rme/aerzteblatt.de

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