Medizin
IARC-Report: Mykotoxine verzögern Wachstum von Kindern in Afrika
Sonntag, 21. Februar 2016
Lyon – Die Nahrung von schätzungsweise 500 Millionen Menschen in ärmeren Regionen Afrikas, Asiens und Südamerikas ist immer wieder mit Mykotoxinen kontaminiert. Neben ihrer bekannten krebsauslösenden Wirkung können Aflatoxine, aber auch Fumosine Wachstumsstörungen bei Kindern auslösen, wie aus einem Report der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) hervorgeht.
Aufgrund seiner krebsauslösenden Wirkung gibt es für Aflatoxine strenge Grenzwerte für Getreide und andere anfällige Grundnahrungsmittel. Die Konzentration von Aflatoxin B1 darf beispielsweise in der EU 2 ppm nicht überschreiten. Auch für Fumosine wurden Grenzwerte festgelegt. In den meisten Ländern Afrikas gibt es entweder keine gesetzlichen Regeln, und dort, wo sie bestehen, werden sie häufig übertreten. Der ärmere Teil der Bevölkerung kann es sich ohnehin nicht leisten, angeschimmeltes Getreide zu vernichten. Hinzu kommt, dass der Anteil von Mais, der am häufigsten kontaminiert ist, an den Grundnahrungsmitteln gestiegen ist. Sorghum, Hirse und Maniok werden immer weiter zurückgedrängt.
Dass die Exposition mit Mykotoxinen Morbidität und Mortalität erhöht, ist seit langem bekannt. Aflatoxine verursachen Leberkrebs, und immer wieder kommt es in Afrika und Asien zu akuten Aflatoxin-Vergiftungen. Die erst 1988 entdeckten Fumosine sind ebenfalls toxisch. Die IARC stuft sie als möglicherweise krebserzeugend für den Menschen ein.
Weniger bekannt ist, dass Aflatoxine und Fumosine auch das intrauterine Wachstum und das Wachstum im Kindesalter behindern. Die IARC führt für diese Einschätzung sechs hochqualifizierte Studien zu Aflatoxinen und zwei hochqualifizierte Studien zu Fumosinen an, die nach 2002 veröffentlicht wurden. Die Kontamination des Getreides könnte neben der Mangelernährung einer der Gründe für den auffällig hohen Anteil von Kindern sein, die in der körperlichen Entwicklung zurückgeblieben sind. Weltweit sind 26 Prozent aller Kinder unter 5 Jahren zu klein und 8 Prozent zu dünn.
In einigen Ländern Afrikas liegt der Anteil der „verkümmerten“ Kinder („stunting“) sogar bei über 40 Prozent. Während in anderen Regionen der Anteil dieser Kinder stark rückläufig ist, hat die absolute Zahl in Afrika in den letzten Jahren sogar leicht zugenommen. Der Verzehr von verschimmeltem Getreide und anderen kontaminierten Nahrungsmitteln ist nach Einschätzung der IARC-Experten eine der Ursachen.
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Die Arbeitsgruppe der IARC hat insgesamt 15 Maßnahmen gegen Mykotoxine untersucht, von denen vier sofort umgesetzt werden könnten. Neben einer stärkeren Diversität der Nahrungsmittel, der genaueren Aussortierung und Reinigung sowie einer besseren Verpackung empfehlen die Autoren die Nixtamalisation von Mais. Bei dieser Konservierungsmaßnahme, die in Mexiko bereits in der präkolumbianischen Ära praktiziert wurde, werden die Maiskörner viele Stunden zusammen mit alkalischen Zusätzen gekocht, enthülst und nass zu einem Teig vermahlen. Die alte Kulturtechnik, die primär der Geschmacksverbesserung dient, verhindert einen Vitamin B3-Mangel (Pellagra) und senkt, wie neuere Untersuchungen zeigen, auch den Mykotoxin-Gehalt. © rme/aerzteblatt.de

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