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Pro und Contra - Können Kooperationen zwischen Niedergelassenen und Krankenhäusern gelingen?

Donnerstag, 25. Februar 2016

Stephan Schmitz: Wettbewerbliche Analyse der ambulanten Onkologie

Gesetzgeber und Selbstverwaltung entwickeln parallel seit vielen Jahren eine Fülle von Anforderungen an die onkologischen Leistungserbringer, die einer qualitativ hoch­wertigen Versorgung im Patienteninteresse dienen soll. Diese Maßnahmen richten sich unter anderem auf Vernetzung der Strukturen, der Integration von Versorgungs­prozessen, der gemeinsamen Arbeit von Ärzten aus verschiedenen Sektoren et cetera. Neben diesen versorgungsorientierten Anforderungen setzt der Gesetzgeber aber auch verstärkt auf eine wettbewerbliche Orientierung der Leistungsanbieter. Vor diesem Hintergrund vollzieht sich seit einigen Jahren eine Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung.

Bisher wurde noch keine systematische Diskussion über die Bedingungen und Folgen einer wettbewerblichen Ausrichtung an der Schnittstelle Krankenhaus – niedergelassene Ärzte, speziell in der onkologischen Versorgung, geführt. Das vom BNHO in Auftrag gegebene Gutachten soll nun diese Diskussion in Gang bringen. Dabei geht es nicht darum, rückwärtsgewandt und defensiv der Besitzstandswahrung das Wort zu reden. Es geht darum, die onkologische Versorgung auch in Zukunft patientenorientiert und sicher zu gewährleisten. Die Herausforderungen des deutschen Gesundheitssystems durch die Versorgung Krebskranker sind erheblich und werden in den nächsten Jahren noch zunehmen. Dafür ist eine sorgfältige Abklärung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen unverzichtbar.

Dabei muss man im Konzept des Gutachtens genau differenzieren. Zum einen ist nicht jedes Krankenhaus gleich. Nicht jedes Krankenhaus verhält sich so, wie im Gutachten beschrieben. Zum anderen muss man zwischen Krankenhausbetreibern und Kranken­hausärztinnen/-ärzten differenzieren. Die Zusammenarbeit mit vielen Krankenhäuern ist gut, die Kooperation ist mit vielen Krankenhauskollegen auf lokaler Ebene in der Regel hervorragend. Es gibt mehr als 600 Kooperationsvereinbarungen zwischen niedergelassenen Hämatologen und Onkologen und Krankenhäusern,  beispielsweise in Brustzentren, in Darmkrebszentren und Prostatazentren.

Aber einige der privaten Konzerne, die Krankenhäuser betreiben, wollen die gesamte ambulante Spezialversorgung in ihren Konzern integrieren. Es gibt also Krankenhaus­betreiber, die die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte verdrängen wollen und es gibt jene, die zusammen mit niedergelassenen Ärzte gemeinsame Netzwerke der onkolo­gischen Versorgung betreiben. Die letzten sind wahrscheinlich sogar noch in der Regel die Mehrheit, während die anderen häufig meinungs- und strukturbildend wirken.

Stephan Schmitz, Vorsitzender des Berufsverbandes der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland

Wir würden gerne mit den Kooperationswilligen Krankenhausbetreibern und insbesondere mit unseren Krankenhauskollegen/innen kompetente leistungsfähige onkologische Netzwerke organisieren. Nur so können wir die zukünftige Herausforderungen (zum Beispiel Zunahme der Patientenzahl, Innovationstransfer) gemeinsam meistern.

Die niedergelassenen Krebsspezialisten wollen Verantwortung für die Versorgung Krebskranker in Deutschland übernehmen. Sie sind bereit, sich an einer wirklich sektorübergreifenden Versorgung zu beteiligen. Wir sind davon überzeugt, dass freiberufliche und selbstständige niedergelassene Ärzte weiter die Basis einer flächendeckenden, patientennahen, sozial barrierefreie onkologischen Versorgung sein können.

Georg Baum: Zusammenarbeit ist keine Einbahnstraße

Das vom BNHO beauftragte Gutachten ist ein Werk, das eines seriösen ärztlichen Berufsverbandes, dessen Mitglieder seit jeher in enger Kooperation mit den Ärztinnen und Ärzten in den Krankenhäusern stehen, unwürdig ist. Die Existenz der über 700 onkologischen spezialärztlichen Ambulanz-Zulassungen der Krankenhäuser, ohne die Zehntausende krebskranker Patienten keine gesicherte qualifizierte Versorgung und Betreuung hätten, als Gefährdung der Behandlung von Krebspatienten zu bezeichnen, ist geradezu absurd.

Dem Anliegen zu mehr Kooperation zwischen Krankenhausärzten und niederge­lassenen Ärzten hilft diese Initiative des BNHO mit Sicherheit nicht. Der ambulante Zugang krebskranker GKV-Versicherter zur Expertise der Krankenhäuser mit onkologischen und hämatologischen Abteilungen (denn nur solche Krankenhäuser sind zulassungsberechtigt), die Bereitstellung der im Krankenhaus seit jeher gelebten Interdisziplinarität, die Gewährleistung von Behandlungskontinuität von der Operation bis gegebenenfalls zur Palliativstation, das sind die Qualitäts- und Patienten-Vorteile der ambulanten spezialärztlichen Versorgung (ASV).

Und das sind die Leitmotive für die Politik, diesen Versorgungsbereich als eigenständige dritte Säule zu organisieren. Die ASV ist gut für krebskranke Patienten und auch nicht schlecht für die niedergelassenen onkologischen und hämatologischen Fachärzte. Sie können frei von Bedarfszulassungsbegrenzungen, floatenden Vergütungswerten und Budgetlimitierungen medizinische Leistungen erbringen. Und sie können sich in Netzwerkstrukturen mit den Krankenhäusern einbringen.

Georg Baum, Hauptgeschäfts­führer der Deutschen Krankenhausgesellschaft

Dass gerade einmal etwa 50 niedergelassene Ärzte und eine Handvoll Krankenhäuser auf der Grundlage des neuen kooperativen ASV-Modells zugelassen sind, liegt an den Hürden, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in die ASV-Richtlinien und Vergütungsregelwerke einbringt. Wenn sich niedergelassene Onkologen und onkologische Krankenhausambulanzen zusammenschließen wollen, müssen sie inzwischen Antragsordner mit bis zu 3.000 Seiten bei den Zulassungsgremien einreichen.

Statt bereits 700 zugelassene ASV-Ambulanzen in ein komplett neues Zulassungs­verfahren zu zwingen, sollte die Anzeige der formalen Zusammenarbeit mit einer der 370 onkologischen Schwerpunktpraxen genügen. Das wäre der schnellste Weg zu mehr Kooperationen von Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten in der onkologischen Versorgung. © bee/aerzteblatt.de

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