Politik
Kassen werben für neuen Finanzausgleich
Donnerstag, 3. März 2016
Berlin – Eine Allianz aus zwölf Krankenkassen macht mobil gegen die aktuellen Berechnungen des sogenannten morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA). Besonders kritisch bewerten die Kassen dabei „systemfremde Hilfsvariablen“ mit denen beispielsweise Teile des Morbiditätsrisikos der GKV-Versicherten berechnet werden. „Diese führen zu Wettbewerbsverzerrungen unter den Gesetzlichen Krankenkassen“, erklärte Christoph Straub, Vorstandvorsitzender der BarmerGEK, heute bei der Vorstellung der Forderungen der Kassen vor Journalisten in Berlin.
Die Kassen, darunter die BIG direkt gesund, die Schwenninger Krankenkassen, die IKK Südwest und die SBK, beklagen, dass mit der aktuellen Berechnung „extrem unterschiedliche Entwicklungen bei den Rücklagen entstehen“, die ein Teil der aktuellen Finanzierungsproblematik der Kassen ausmachen. „Damit die Verwerfungen sich nicht fortsetzen und womöglich die Stabilität des Systems und damit die hohe Qualität der medizinischen Versorgung gefährden, fordert die RSA Allianz weitere Reformschritte beim Morbi-RSA“, erklärte Straub.
In einem Gutachten, das das IGES-Institut für die Allianz der Kassen erstellte, wird analysiert, welchen Einfluss die systemfremden Hilfsvariablen auf die Zuweisungen an die Kassen durch den Risikostrukturausgleich haben. Mit dem Risikostrukturausgleich (RSA) werden Kassen auf Basis des Alters, des Geschlechts sowie 80 definierten Erkrankungen unterschiedliche Beträge aus dem Gesundheitsfonds zugewiesen.
Gutachten: Doppelte Berechnung der Gesundheitsrisiken bei chronisch Kranken
Ein viertes Kriterium ist der Erwerbsminderungsstatus (EMS) eines Kassenmitglieds. Von den Betroffenen – in der Studie wurde ein Pool mit Versichertendaten von drei Millionen Menschen gebildet – haben rund zehn Prozent keine chronische Krankheit, rund 19 Prozent haben eine, 22 Prozent haben zwei und 18 Prozent haben drei schwerere Diagnosen erhalten.
Dazu zählen beispielsweise Depressionen, Hypertonie, chronische Schmerzen, Diabetes und Angststörungen. Nach Meinung der Gutachter werden die Risiken der Patienten mit den chronischen Krankheiten bereits durch andere Parameter im RSA abgebildet. Es ergebe sich also eine doppelte Berechnung der Gesundheitsrisiken, die sich wiederum zulasten von anderen Kassen auswirken. Verzichte man auf die Berechnung des zusätzlichen EMS-Status, könnten laut dem IGES-Gutachten rund 100 Millionen Euro unter den Kassen umverteilt werden. Verluste würden dabei vor allem die Kassen aus der Familie der AOKen machen.
RSA-Allianz vertritt 20 Prozent der GKV-Versicherten
Zur RSA-Allianz gehören zwölf Kassen von den Ersatzkassen, den Innungskassen sowie den Betriebskrankenkassen. Auch mit dem BKK-Dachverband stehe man in engem Kontakt. Nach eigenen Angaben vertreten sie rund 20 Prozent der GKV-Versicherten. „Die Allianz versteht sich als Sparringspartner für die Politik und setzt auf einen konstruktiven Dialog“, betonten die Allianz-Mitglieder.
In den kommenden Wochen wollen die Kassen mit dem Bundesgesundheitsministerium und weiteren Gesundheitspolitikern ins Gespräch kommen. Auch haben sie weitere Reformvorschläge zum Morbi-RSA: In einem weiteren Gutachten hat das IGES-Institut die 80 Krankheitsbilder, die derzeit für spezielle Zuwendungen sorgen, analysiert. Außerdem soll nach Meinung der Kassen ein Hochrisikopool zum Ausgleich von Hochkostenfällen aufgestellt werden. Als vierten Reformansatz sieht die Allianz eine stärkere Berücksichtigung der regional sehr unterschiedlichen Kostensituation vor.
In den kommenden Tagen werden die Veröffentlichung der Finanzdaten der Krankenkassen für das Jahr 2015 erwartet – je nachdem, wie problematisch diese für einzelne Kassen ausfallen, könnte eine Reform des Morbi-RSA möglicherweise noch in dieser Legislaturperiode angegangen werden. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass die Gesundheitspolitiker dieses Projekt erst nach der Wahl 2017 angehen. © bee/aerzteblatt.de

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