Medizin
Schwangerschaften nach Krebsbehandlung im Kindesalter häufiger möglich
Donnerstag, 24. März 2016
Seattle – Der Verzicht auf die Strahlentherapie bei vielen pädiatrischen Krebserkrankungen hat die Chancen gesteigert, dass die Krebsüberlebenden später Kinder zeugen oder bekommen können. Frauen können sich laut der Studie in Lancet Oncology (2016; doi: 10.1016/S1470-2045(16)00086-3) häufiger den Kinderwunsch erfüllen, sollten jedoch nicht zu lange Zeit damit warten.
Die Behandlungsergebnisse von Krebserkrankungen im Kindesalter sind so gut, dass mittlerweile 80 Prozent das Erwachsenenalter erreichen. Der Kinderwunsch ist ein so wichtiges Anliegen, dass die Behandlungsstrategien darauf angepasst wurden. Bei vielen Erkrankungen wird auf eine Strahlentherapie verzichtet, die die Gonaden oder auch die Hypophyse, das hormonelle Steuerorgan für die Fortpflanzung, dauerhaft schädigen. Doch auch die zur Krebstherapie eingesetzten Zytostatika können die Zeugungsfähigkeit und Fruchtbarkeit herabsetzen, wie eine aktuelle Auswertung der Childhood Cancer Survivor Study (CCSS) zeigt.
Eric Chow vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle und Mitarbeiter haben die Daten von 10.338 Überlebenden mit 3.949 Geschwistern verglichen. Die Behandlungen waren zwischen 1970 und 1999 erfolgt. Viele der damals verwendeten Zytostatika gehören auch heute noch zu den Standardmedikamenten der pädiatrischen Krebstherapie.
Im Alter von 45 Jahren waren 70 Prozent der weiblichen Krebsüberlebenden schon einmal schwanger gewesen. Der Unterschied zu den Geschwistern, die zu 80 Prozent eine oder mehrere Schwangerschaften angegeben hatten, war also gering. Chow errechnet eine Hazard Ratio von 0,87 (95-Prozent-Konfidenzintervall 0,81-0,94). Die Partnerinnen der männlichen Krebsüberlebenden hatten dagegen nur zu 50 Prozent eine Schwangerschaft angegeben, gegenüber 80 Prozent in der Kontrollgruppe der Geschwister. Die Hazard Ratio (HR) beträgt hier 0,63 (0,58-0,68).
Bei den männlichen Überlebenden senkten vor allem Cisplatin die Zeugungsfähigkeit (HR 0,56; 0,39-0,82). Aber auch die Alkylanzien Cyclophosphamid (HR 0,60; 0,51-0,7), Ifosfamid (0,42; 0,23-0,79) und Procarbazin (HR 0,30; 0,20-0,46) hatten einen ungünstigen Einfluss. Diese Beobachtung steht in Einklang mit früheren Studien, in denen diese Substanzen Spermienkonzentration und Hodenvolumen vermindert hatten. Bei Ifosfamid war die Dosisschwelle für eine hodenschädigende Wirkung niedriger als bislang in den Leitlinien vermutet wird (25.000 versus 60000 mg/m2).
Bei den weiblichen Überlebenden waren nur Busulfan und Lomustin mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit auf eine Schwangerschaft verbunden. Bei Busulfan betrug die Hazard Ratio bei einer Dosis von unter 450 mg/m2 0,22 (0,06-0,79) und bei einer höheren Dosis 0,14 (0,03-0,55). Bei Lomustin war ein Effekt erst ab einer Dosis von 411 mg/m2 erkennbar: Hazard Ratio: 0,41 (0,17-0,98).
Bei den Frauen gibt es einen Alterseffekt. Die Chancen auf eine Schwangerschaft nahmen ab einem Alter von 30 Jahren deutlich rascher ab als bei ihren Schwestern. Chow vermutet, dass einige Zytostatika auch zu einer früheren Menopause führen./rme © rme/aerzteblatt.de

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