Medizin
Evolocumab bei Statin-Intoleranz effektiver als Ezetimib
Montag, 4. April 2016
Cleveland – Der monoklonale Antikörper Evolocumab erzielte in einer Vergleichsstudie an Patienten mit Statin-Intoleranz erwartungsgemäß eine bessere Wirkung als der Wirkstoff Ezetimib. Eine Besonderheit der Studie im JAMA (2016; doi: 10.1001/jama.2016.3608) war eine verblindete Probephase, in der die Patienten erneut einem Statin ausgesetzt wurden.
Zu den bekannten Nebenwirkungen von Statinen gehören Muskelschmerzen. Eine ernsthafte Myopathie mit einem Anstieg der Kreatinkinase ist zwar selten und eine lebensbedrohliche Rhabdomyolyse die Ausnahme. Viele Patienten verweigern jedoch aufgrund der Statin-Intoleranz die Behandlung, was in einer Indikation, die zu keinen Beschwerden führt, sondern rein präventiver Natur ist, verständlich ist.
Als Alternative bietet sich die Behandlung mit Ezetimib oder einem PCSK9-Inhibitor an. Ob diese beiden Wirkstoffe in ähnlicher Weise vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen wie die Statine, ist nicht bekannt. Für Ezetimib konnte bisher eine präventive Wirkung nur in Kombination mit einem Statin gezeigt werden. Für die PCSK9-Inhibitoren gibt es noch keine Ergebnisse aus entsprechenden Langzeitstudien. Die Therapie mit einem PCSK9-Inhibitor ist zudem sehr teuer. Die Jahresbehandlungskosten liegen bei fast 20.000 Euro, Ezetimib kostet weniger als 800 Euro pro Jahr, für ein Statin sind es weniger als 100 Euro.
Dies macht es notwendig, die Therapie mit den kostspieligen Wirkstoffen auf jene Patienten zu beschränken, die sie wirklich benötigen. Das Team um Steven Nissen von der Cleveland Clinic hat deshalb die Teilnehmer der Studie – 511 erwachsene Patienten mit unkontrolliertem LDL-Cholesterin von im Durchschnitt 210 mg/dl und mit einer Intoleranz auf zwei oder mehr Statine – in der Phase A der Studie auf eine erneute Behandlung mit Atorvastatin (20 mg/die) oder Placebo randomisiert.
Diese Phase war doppelblind: Weder Ärzte noch Patienten wussten, ob sie mit dem echten Statin oder mit einem Placebo behandelt wurden. Jeder Patient wurde über zehn Wochen mit Atorvastatin und danach über zehn Wochen mit Placebo behandelt (oder umgekehrt). Unter der Atorvastatin-Therapie kam es bei 43 Prozent zu einer Statin-Intoleranz, aber auch unter der Placebo-Behandlung klagten 27 Prozent über mehr oder weniger unerträgliche Muskelschmerzen.
Nur die 199 Patienten, die unter der Behandlung mit Atorvastatin, nicht aber in der Placebo-Periode über Muskelbeschwerden klagten, und weitere 19 Patienten, bei denen ein Anstieg der Kreatinkinase den Abbruch der Statintherapie erforderlich machte, durften an der Phase B der Studie teilnehmen. Dort wurden sie im Verhältnis 2 zu 1 auf eine Therapie dem PCSK9-Inhibitor Evolocumab (420 mg iv. pro Monat) oder mit Ezetimib (10 mg/die) randomisiert. Sponsor der Studie war die Firma Amgen, Hersteller des Evolocumab-Präparates. Auch diese Phase war doppelt verblindet.
Wie frühere Studien erwarten ließen, erzielte Evolocumab die stärkere Wirkung. Das LDL-Cholesterin sank nach 22 und 24 Wochen um 54,5 Prozent gegenüber einem Rückgang um 16,7 Prozent im Ezetimib-Arm. Den Zielwert eines LDL-Cholesterin von weniger als 70 mg/dl wurde unter der Therapie mit Evolocumab von fast 30 Prozent der Patienten erreicht gegenüber 1,4 Prozent der mit Ezetimib behandelten Patienten.
Obwohl die Patienten keine Statine mehr erhielten, waren Muskelbeschwerden keineswegs selten. Im Ezetimib-Arm wurden sie von 29 Prozent der Patienten und im Evolocumab-Arm von 21 Prozent der Patienten angegeben. Unter Ezetimib brachen 7 Prozent der Patienten die Therapie ab, im Evolocumab-Arm waren es nur 0,7 Prozent.
Für die meisten Patienten mit Statin-Intoleranz dürften beide Medikamente eine verträgliche Option sein, schreibt Nissen. Allerdings erreichte nur eine Minderheit befriedigende LDL-Cholesterinwerte, so dass sich im Prinzip eine Kombination der beiden Mittel anbieten würde. Diese Therapie müsste jetzt in einer weiteren Studie geprüft werden. Nissen weist einschränkend darauf hin, dass derzeit weder Ezetimib noch Evolocumab zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse zugelassen sind, da der Beweis eines entsprechenden Nutzens fehlt. Dies ist derzeit nur für die kostengünstigen Statine belegt. © rme/aerzteblatt.de

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