Medizin
Bariatrische Embolisierung senkt Körpergewicht
Montag, 4. April 2016
Baltimore – Die Injektion von Kunststoffpartikeln über einen Katheter in Arterien, die die Magenwand versorgen, hat bei den ersten adipösen Teilnehmern einer klinischen Studie zu einer deutlichen Reduktion des Körpergewichts geführt. Die Autoren führen die Wirkung auf der Jahrestagung der Society of Interventional Radiology in Vancouver auf ein Ausschalten der Ghrelin-Produktion zurück.
Das Hungerhormon Ghrelin gilt als einer der Gründe, warum manche Menschen ihren Appetit nicht zügeln können. Ghrelin wird in vielen Abschnitten des Gastrointestinaltraktes gebildet, vor allem aber im oberen Magen, dem Fundus, der als erster Abschnitt nach den Mahlzeiten gelehrt ist. Ghrelin teilt dies dem Gehirn mit. Der Radiologe Aravind Arepally, der inzwischen in Atlanta tätig ist, hat bereits vor neun Jahren eine Behandlung entwickelt, die die Produktion von Ghrelin senken und damit unwiderstehliche Hungergefühle verhindern soll.
Die Behandlung besteht aus der Punktion der Leistenarterie, von wo aus ein Katheter zum Truncus coeliacus und von dort in die Arterien vorgeschoben wird, die den oberen Teil des Magens mit Blut versorgen. Diese Arterien verfügen über Querverbindungen zu anderen Arterien, so dass eine Embolisierung nicht notwendigerweise zu einer Ischämie der Magenwand führt – auch wenn diese Komplikation bei den ersten Versuchen am Schwein aufgetreten ist.
Arepally konnte die Behandlung in den letzten Jahren so weit verfeinern, dass ein Team um Clifford Weiss von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore kürzlich mit einer ersten klinischen Studie begann. An der BEAT Obesity-Studie (für: Bariatric Embolization of Arteries for the Treatment of Obesity) sollen insgesamt 20 Patienten teilnehmen. Bei den ersten fünf Patienten liegt die Behandlung bereits mehr als drei Monate zurück, so dass Weiss jetzt erste Ergebnisse vorstellen konnte.
Die Patienten waren mit einem Alter von durchschnittlich 36,8 Jahren noch relativ jung, sie waren mit einem Body-Mass-Index von 43 kg/m2 jedoch morbid adipös. Bei zwei Patienten wurde die Arteria gastrica sinistra, bei drei Patienten zusätzlich auch die Arteria gastroepiploica sinistra durch Injektion von 300 bis 500 Mikrometer kleinen Kügelchen verödet, die auch bei der Embolisierung anderer Arterien verwendet werden. Bei zwei Patienten kam es nach Einschätzung von Weiss zu kleineren Komplikationen: Bei einem Patienten bildete sich ein oberflächliches Geschwür auf der Magenschleimhaut, das nach etwa drei Monaten wieder abgeheilt war. Ein anderer Patient entwickelte vorübergehend eine subklinische Pankreatitis. Zwei Patienten konnten noch am Abend aus der Klinik entlassen werden, die anderen drei blieben bis zu 48 Stunden in der Klinik.
Die bariatrische Embolisierung hatte eine langsame Gewichtsabnahme zur Folge. Im ersten Monat verloren die Patienten 4,2 Prozent ihres überschüssigen Gewichts, nach drei Monaten waren es bereits 5,2 Prozent. Nach sechs Monaten sollen die Probanden bereits 13,3 Prozent des überschüssigen Körpergewichts verloren haben.
Weiss führt den Gewichtsverlust auf die Ausschaltung der Ghrelin-Produktion im Magenfundus zurück. Die Plasmaspiegel, die im ersten Monat noch um 8,6 Prozent gestiegen waren, sind nach drei Monaten um 17,5 Prozent gefallen. Auch die Teilnehmer der Studie berichten über eine Abnahme des Appetits. Der Rückgang betrug nach zwei Wochen 81 Prozent, nach einem Monat 59 Prozent und nach drei Monaten 26 Prozent. Ob sich hier eine Gewöhnung abzeichnet, bleibt abzuwarten.
Experten führen die gute Wirkung der bariatrischen Operation ebenfalls auf die Ausschaltung der Ghrelin-Produktion zurück. Die derzeit an vielen Kliniken bevorzugte Sleeve-Gastrektomie, entfernt den Fundus, was nach Einschätzung von Weiss und Arepally die gute Wirkung erklären könnte. Die beiden Radiologen betrachten ihre Methode als eine schonende Alternative zur Operation. © rme/aerzteblatt.de

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