Ärzteschaft
Streit um geplante Novelle des Psychotherapeutengesetzes
Donnerstag, 7. April 2016
Berlin – Die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Berlin hat die Bedeutung der ärztlichen Psychotherapie hervorgehoben und vor der geplanten Novelle des Psychotherapeutengesetzes gewarnt.
Mit der Novelle plane das Bundesgesundheitsministerium einen Studiengang einzuführen, der direkt zur Approbation als Psychotherapeut führen solle. Die Absolventen hätten damit direkt nach dem Studium Zugang zur Patientenversorgung. Sie sollen darüber hinaus künftig für den gesamten psychosozialen und kommunikativen Bereich zuständig sein, der bisher zu den ärztlichen – insbesondere den hausärztlichen – Kernkompetenzen zählt.
„Durch die Schaffung eines für den psychosozialen Bereich zuständigen psychologischen-psychotherapeutischen Generalisten wird der umfassende ärztliche Behandlungsauftrag massiv beschnitten und auf den medizinisch-technischen Teil reduziert. Eine ganzheitliche, auf den einzelnen Patienten und seine Bedürfnisse ausgerichtete ärztliche Versorgung wäre dadurch unmöglich gemacht“, heißt es in dem Beschluss der Delegiertenversammlung.
„Diese weitere Aufsplitterung der somatischen und psychischen Behandlungskompetenz widerspricht der adäquaten und umfassenden Patientenversorgung und muss deshalb von allen Ärzten im Sinne einer ganzheitlichen Versorgung kranker Menschen in aller Deutlichkeit abgelehnt werden“, betonte der Präsident der Ärztekammer Berlin, Günther Jonitz.
Die Kammerdelegierten kritisieren außerdem, ein frisch approbierter Studienabgänger könne die für eine psychotherapeutische Behandlung notwendige Erfahrung nicht aufbringen. Die geplante Novelle würde daher auch zu einer dramatischen Verschlechterung der psychotherapeutischen Patientenversorgung führen.
Gegen diese Bewertung des Gesetzes wehrt sich der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp). „An keiner Stelle fordern die bislang bekannten Verlautbarungen des Bundesgesundheitsministeriums, der Bundespsychotherapeutenkammer und der Verbände einen direkten Zugang der frisch Approbierten zur Patientenversorgung“, teilte der Verband mit.
Vielmehr sehe das Reformkonzept vor, nach einem Hochschulstudium analog der ärztlichen Ausbildung eine Approbation zu erteilen, die zwar zur berufsrechtlichen Berufsausübung wie bei den Ärzten berechtige, aber noch keinen Zugang zur Versorgung gesetzlich versicherter Patienten bedeute. „Diese Patienten können ebenso wie in der somatischen Medizin erst nach einer mehrjährigen Weiterbildung, welche zur Fachkunde und zum Eintrag ins Arztregister führt, behandelt werden“, heißt es in der Stellungnahme des bvvp. © hil/aerzteblatt.de

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