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Medizin

Hydromorphon in Substitutions­therapie Heroinabhängiger effektiv

Donnerstag, 7. April 2016

Vancouver – Das Schmerzmittel Hydromorphon, das in den meisten Ländern als Betäubungsmittel verordnet werden kann, hat in einer randomisierten Studie in JAMA Psychiatry (2016; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2016.0139) stark Opiatabhängige (annähernd) so gut vom Konsum von Heroin abgehalten wie eine ärztliche Substitution mit Diacetylmorphin, die in vielen Ländern aus politischen Gründen nicht möglich ist.

Mittel der Wahl zur Substitutionstherapie Opioidabhängiger ist Methadon. Das Angebot wird jedoch von etwa einem Zehntel der Heroinkonsumenten – meist sind es Schwerstabhängige – nicht angenommen. Diesen Patienten wird in vielen Ländern (darunter Deutschland) eine diamorphingestützte Behandlung angeboten, bei der die Patienten regelmäßig Diacetylmorphin erhalten, das chemisch mit dem Straßenheroin identisch ist.

Diese Variante der Substitution hat sich zwar in mehreren klinischen Studien als effektiv erwiesen, sie stößt jedoch immer wieder auf politischen Widerstand (auch in Deutschland). Dass Ärzte ihren Patienten, wenn auch unter Aufsicht, Heroin spritzen, ist breiten Teilen der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln. In vielen Ländern ist Diacetylmorphin zudem nicht im (legalen) Handel.

Die SALOME-Studie (Study to Assess Longer-term Opioid Medication Effectiveness) hat jetzt untersucht, ob Diacetylmorphin durch Hydromorphon ersetzt werden kann. Hydromorphon ist in den meisten Ländern ein gebräuchliches Schmerzmittel. In Deutschland kann es über ein Btm-Rezept bezogen werden. Es ist sowohl in Tablettenform als auch als Injektions-/Infusionslösung erhältlich.

Eugenia Oviedo-Joekes vom St. Paul's Hospital in Vancouver und Mitarbeiter haben seit Ende 2011 insgesamt 202 Langzeitabhängige auf eine intravenöse Substitution mit Diacetylmorphin oder Hydromorphon randomisiert. Das Ziel war, die Zahl der Tage zu senken, an denen die Abhängigen Straßenheroin konsumierten (und sie damit vor den Infektionen und Überdosierung zu schützen und von kriminellen Handlungen abzuhalten).

Dies ist in beiden Gruppen gelungen. Die Abhängigen, die vor der Substitution an 25 Tagen eines Monats Straßenheroin konsumierten, beschaffen sich die Droge während der Substitution mit Hydromorphon nur noch an 5,5 Tagen auf der Straße, wobei sie an durchschnittlich 3,76 Tagen in illegale, sprich kriminelle Aktivitäten verwickelt waren. Unter der Substitution mit Diacetylmorphin kam es an 3,15 Tagen zum Konsum von Straßenheroin und an 2,78 Tagen zu illegalen Aktivitäten. Der Unterschied von 2,34 Tagen im Konsum von Straßenheroin war mit einem 90-Prozent-Konfidenzintervall von 0,52 bis 4,14 Tagen statistisch nicht signifikant und auch das vorgegebene Nichtunterlegenheitskriterium von 4 Tagen wird nicht sicher erreicht. 

In der „Per Protocol“-Analyse, die nur Patienten einschloss, die wenigstens an 20 Tagen im Monat ihren täglichen Termin eingehalten hatten, sah die Situation jedoch schon besser aus. Der Unterschied zur Substitution mit Diacetylmorphin betrug hier nur 1,44 Tage und das 90-Prozent-Konfidenzintervall von 0,27 bis 3,22 Tage blieb unter dem gesetzten 4-Tage-Minimalziel. Insofern betrachtet Oviedo-Joekes die Substitution mit Diacetylmorphin als gleichwertig. Die Urinkontrollen, die nach drei und sechs Monaten durchgeführt wurden, kamen zu ähnlichen Ergebnissen, so dass es keinen Grund gibt, an den Angaben der Teilnehmer zu ihrem Konsum zu zweifeln.

Als Erfolg verbucht Oviedo-Joekes auch, das fast 80 Prozent der Patienten, die im Durchschnitt seit 15 Jahren heroinabhängig waren, auch nach sechs Monaten noch am Programm teilnahmen. Der Nutzen für die Gesellschaft bestand darin, dass die Zahl der Tage, in denen die Patienten in kriminelle Handlungen verstrickt waren, von 14,1 auf weniger als 4 Tage im Monat zurück ging. Beide Medikamente haben sich bei der kontrollierten Anwendung unter Aufsicht als sicher erwiesen.

Von insgesamt 88.451 Injektionen führten nur 14 zu einer Überdosierungen und 11 zu Krampfanfällen, die Oviedo-Joekes zufolge alle erfolgreich behandelt werden konnten. Die Abhängigen konnten übrigens in der Regel nicht zwischen Diacetylmorphin und Hydromorphon unterscheiden. Für Oviedo-Joekes bleibt die orale Methadon-Substition Mittel der Wahl. Die intravenöse Substitution mit Diacetylmorphin oder Hydromorphon sollte auf Patienten beschränkt werden, die durch das Methadon-Angebot nicht erreicht werden können. © rme/aerzteblatt.de

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