Politik
Krankenhäuser: „Mengenausweitung als alleinige Strategie führt nicht mehr zum Erfolg“
Freitag, 8. April 2016
Potsdam – Unter den Bedingungen des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) wird die alleinige Strategie der Mengenausweitung nicht mehr zum Erfolg führen. Diese Meinung vertrat Jan Schlenker von der Curacon Weidlich Wirtschaftsprüfungsgesellschaft heute auf dem 23. Deutschen Krankenhaus-Controller-Tag in Potsdam. „Die Strategie der Krankenhäuser war in den vergangenen Jahren recht eindimensional: Sie weiteten die Menge aus, um zu einer besseren Auslastung zu kommen, auch in neuen Bereichen wie der Adipositaschirurgie“, sagte Schlenker.
Doch vielen Krankenhäusern gehe es heute wirtschaftlich schlecht. „Mit dem Krankenhausstrukturgesetz wird nun noch einmal Öl ins Feuer gegossen“, verwies der Arzt. „Bald wird der Markt noch stärker über die Vergütung gesteuert werden. Insbesondere durch den Fixkostendegressionsabschlag wird die Deckelung des Bugdets noch restriktiver sein als vorher.“ Eine Mengenausweitung als einziges strategisches Mittel werde daher nicht mehr ausreichen.
Studie: 15 Prozent der Krankenhäuser haben keine strategische Zukunftsplanung Curacon Weidlich hat Krankenhäuser nach ihrer strategischen Ausrichtung für die Zukunft gefragt. 120 haben geantwortet. „62 Prozent der Häuser haben eine abgeschlossene strategische Zukunftsplanung, 23 Prozent befinden sich noch in der Planung, und 15 Prozent beschäftigen sich gar nicht mit dem Thema“, resümierte Schlenker. Dabei seien die Krankenhäuser, die eine strategische Planung vorgenommen hatten, wirtschaftlich erfolgreicher. „Bleibt die Frage“, fuhr er fort, „wie beides zusammenhängt: Bedingt die wirtschaftliche Prosperität verbesserte Möglichkeiten, sich mit einer Strategieplanung auseinanderzusetzen oder ist das Krankenhaus erfolgreich, weil es eine Strategieplanung vorgenommen hat?“
„Die Mengenausweitung als strategisches Mittel hat bei den befragten Krankenhäusern nach wie vor einen hohen Stellenwert“, erklärte Schlenker. „Ich halte das für einen Reflex aus vergangenen Jahren, wo ein Krankenhaus ohne Mengenausweitung wirtschaftlich nicht auf einen grünen Zweig kommen konnte. Krankenhäuser sollten sich überlegen, ob sie das künftig im gleichen Umfang noch machen wollen oder ob sie mehr Gewicht auf die Qualität legen und darauf, effektiver zu werden.“
„Krankenhäuser sollten mehr darauf achten, wie der Patient die Qualität beurteilt“
Schlenker bezeichnete es als Fehler, wenn Krankenhäuser nun ängstlich abwarteten, welche Qualitätsindikatoren der Gemeinsame Bundesausschuss vorlegen wird. „Die Krankenhäuser sollten stattdessen mehr darauf achten, wie der Patient die Qualität beurteilt. Und dabei geht es nicht um die Ergebnisqualität der medizinischen Behandlung. Denn die kann er gar nicht beurteilen“, meinte er. Vielmehr gehe es um andere Faktoren wie Termintreue, Wartezeiten, Empathie bei der Behandlung, die Küche oder die Ausstattung des Krankenhauses. „Das kann und wird er beurteilen“, so Schlenker. „Und dafür machen die Krankenhäuser zu wenig. Denn am Ende ist es der Patient, der ein Krankenhaus aussucht.“
In Zukunft werde es mehr Verbünde geben als heute, prognostizierte Schlenker. Die großen Träger würden ihr Portfolio bereinigen, und die Konzentration von Leistungen an wenigen Standorten werde daher weitergehen. Zudem würden große Verbünde künftig an Einfluss gewinnen.
„Heute fusionieren Krankenhäuser, weil sie alleine nicht mehr überleben können“
Christian Heitmann von der Managementberatung zeb sprach sich dafür aus, dass Krankenhäuser vor allem deshalb fusionieren sollten, um sich im Wettbewerb strategisch besser zu positionieren. Sehr häufig gebe es aber einen anderen Grund für Fusionen. „Heute fusionieren Krankenhäuser nicht, weil sie weitreichende Gedanken zum eigenen Wachstum haben, sondern weil ein Großteil von ihnen gar nicht mehr alleine überleben kann. Das ist schon fatal“, meinte Heitmann. Er geht davon aus, dass die Zahl der von der Insolvenz bedrohten Krankenhäuser in den nächsten Jahren nicht abnehmen wird.
„Wenn ein Haus mit einem anderen fusioniert, sollte es das nicht in erster Linie machen, um das Rechnungswesen und das Controlling zu zentralisieren oder das Labor und die Apotheke“, sagte er. Das zu tun, sei durchaus richtig, aber es werde nicht dabei helfen, ein defizitäres Haus in die schwarzen Zahlen zu bringen. „Es kann nur einen Grund für eine Fusion geben, der sinnvoll ist: eine Versorgungsstruktur zu schaffen, die dem Krankenhaus ermöglicht, seine Leistungen im Wettbewerb effizienter anzubieten“, betonte Heitmann. „Erst danach kommen die Realisierung von Skaleneffekten bei regionalen Verbünden, die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, zum Beispiel durch die Gründung einer eigenen Akademie, die Differenzierung des Leistungsportfolios oder auch die Frage, wie man sich im ambulanten Bereich positioniert.“
„Wenn eine Fusion funktionieren soll, muss man die Leute mitnehmen“
Wenn eine Fusion funktionieren solle, müsse man die Menschen mitnehmen, sowohl die eigenen Mitarbeiter als auch zum Beispiel die Gesellschafter, fuhr er fort. Wenn die Hälfte der Mitarbeiter keine Lust auf die Fusion habe, werde sie nicht klappen. Am Tag nach der Vertragsunterschrift müsse man die Mitarbeiter zudem über die anstehenden Änderungen informieren, ob es betriebsbedingte Kündigungen geben werde, zum Beispiel, oder ob Abteilungen zusammengelegt würden. Denn die Mitarbeiter müssten wissen, woran sie sind.
"Wenn kommunale Träger in der Vergangenheit ein Krankenhaus verkaufen wollten, haben sie vor allem an private Träger verkauft“, sagte Heitmann. „Wenn konfessionelle Träger ihre Häuser verkauft haben, hatten sie hingegen eher den Anspruch, im eigenen Sektor zu bleiben und das Haus wieder an einen konfessionellen Träger zu verkaufen. Ich nehme zurzeit zunehmend den Anspruch auch der kommunalen Träger wahr, die derzeitige Ausgeglichenheit der Trägerschaften in Deutschland beizubehalten und ihre Häuser nicht mehr den privaten anzubieten.“
Stattdessen strebten sie danach, kommunale Verbünde zu bilden, auch landkreisübergreifend, um sich selbst untereinander zu stärken. Auch Verbünde zwischen kommunalen und konfessionellen Häusern kämen dabei infrage.
© fos/aerzteblatt.de

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