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Medizin

Stent und Dermistransplantat führen zur Regeneration des Ösophagus

Dienstag, 12. April 2016

Milwaukee – Ein ungewöhnlicher Heilversuch bei einem Patienten mit iatrogener Schädigung des Ösophagus führte zur Entdeckung, dass der Ösophagus zu einer Regeneration fähig ist. Der im Lancet (2016; doi: 10.1016/S0140-6736(15)01036-3) vorgestellte Fall könnte neue Perspektiven für die Tumorchirurgie eröffnen.

Krebserkrankungen des Ösophagus machen häufig die Entfernung der Speiseröhre notwendig. Zur Rekonstruktion wird üblicherweise der Magen herangezogen – eine technisch schwierige Operation mit einem hohen Komplikationsrisiko. Strikturen, Leckagen und Ischämien sind ein wesentlicher Grund für die hohe Mortalität nach Ösophagektomie. Alternativen, die auf eine Regeneration des Ösophagus zielen, werden deshalb dringend benötigt.

Kulwinder Dua vom Medical College of Wisconsin, Milwaukee und Mitarbeiter könnten hier auf eine effektive Methode gestoßen sein. Die Gastroenterologen sahen sich mit der Krankengeschichte eines 24-jährigen Patienten konfrontiert, bei dem die Halswirbel­säule nach einem Unfall zentral mit Metallplatten stabilisiert wurde. Die Implantate hatten sich infiziert und eine Nekrose der benachbarten Ösophaguswand verursacht. Der Patient musste über eine Magensonde ernährt werden und wegen der immanenten Gefahr einer Weichteilinfektion entschieden sich die Ärzte, einen Ösophagusstent über dem Defekt zu platzieren. Der erste Versuch schlug jedoch fehl. Der Stent musste nach kurzer Zeit entfernt werden. 

Im zweiten Versuch wurde der Metall-Stent mit einem Dermistransplantat unterfüttert. Die Ärzte verwendeten ein kommerziell erhältliches Präparat. Die Haut stammt von Verstorbenen. Sie wird sterilisiert und komplett von allen Zellen befreit. Am Ende besteht das Transplantat nur aus dem Kollagengerüst der Haut. Es dient als Platzhalter, der allmählich von körpereigenem Gewebe ersetzt wird.

Dua ließ das Dermistransplantat mit thrombozytenreichem Plasma des Patienten einsprühen, ein in der rekonstruktiven Chirurgie durchaus übliches Verfahren, und wickelte es von außen um den Metallstent. Nach der Platzierung des Stents übernahm das Dermistransplantat gewissermaßen die Funktion der Ösophaguswand. Als weitere Verstärkung diente der Musculus sternocleidomastoideus, der zu diesem Zwecke von seiner ursprünglichen Lage am Hals in den Bereich des Ösophagusdefektes verlegt wurde. 

Die Leckage wurde durch die Operation behoben, doch der Stent musste mehrmals ersetzt werden. Am Ende wurde eine Lösung gefunden, die über dreieinhalb Jahre Bestand hatte. Als der Stent schließlich entfernt wurde, hatte sich eine neue Ösophaguswand gebildet: Sie bestand aus fünf Schichten, war mit einem mehrschichtigen Plattenepithel überzogen und zu einer geordneten Peristaltik in der Lage, die den Speisebrei vom Schlund in den Magen beförderte. Der Patient kann heute wieder normal essen und sein Körpergewicht ohne Magensondenernährung aufrechterhalten. 

Inwiefern die Methode in der Tumorchirurgie angewendet werden kann, ist noch unklar. Dua rät hier zunächst die Ergebnisse der tierexperimentellen und danach der klinischen Studien abzuwarten, die durch den ungewöhnlichen Heilerfolg motiviert werden dürften. © rme/aerzteblatt.de

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