Politik
Zoll findet Millionen gefälschte Arzneimittel
Montag, 11. April 2016
Berlin – Der Zoll hat vergangenes Jahr im großen Stil gefälschte und illegale Arzneimittel aus dem Verkehr gezogen. Es seien 3,9 Millionen Tabletten beschlagnahmt worden, viermal so viele wie 2014, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Zoll-Jahrespressekonferenz in Berlin. Er riet Verbrauchern, Arzneimittel nur aus „seriösen Quellen“ zu beziehen. Der Pharmazeut Harald Schweim sagte, manche gefälschte Pillen enthielten „ausschließlich Straßendreck“.
Der Kampf gegen gefälschte Medikamente war im vergangenen Jahr ein Schwerpunkt des Zolls. Arzneimittelkriminalität sei für die Behörde ein besonders wichtiges Thema, sagte Schäuble am Montag. Immer stärker richteten sich die Ermittlungen dabei gegen „größere kriminelle Strukturen“: Während die Zahl der eingeleiteten Verfahren zurückgegangen sei, gebe es „sehr viel mehr Beschuldigte“.
Schäuble ermahnte Verbraucher eindringlich, ihre Medikamente nur bei niedergelassenen Apothekern oder zertifizierten Internet-Anbietern zu kaufen. Gerade im Internet lauerten viele unseriöse Verkäufer. „So kann die vermeintliche Schnäppchenjägerei böse Folgen für die Gesundheit der Verbraucher haben“, warnte er.
Lebensgefährliche Risiken
Pharmazeut Schweim von der Universität Bonn warnte auf der Pressekonferenz, gefälschte Medikamente könnten durchaus lebensgefährlich sein. Die Produkte sähen ähnlich aus wie das jeweilige Original, würden aber „auf die billigste aller möglichen Arten“ produziert. Es seien schon Kapseln entdeckt worden, „die ausschließlich Straßendreck enthalten haben“. Auch seien Pillen „mit Straßenfarbe“ gefärbt und mit „Fußbodenwachs aus dem nächsten Supermarkt“ überzogen worden.
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Besonders oft entdeckt der Zoll problematische Lifestyle-Medikamente, wie Kirstin Smolka vom Zollkriminalamt Köln ausführte. Sie fasste die am häufigsten aus dem Verkehr gezogenen Mittel so zusammen: „Macht schön, macht braun, macht viele Haare, macht muskulös und macht potent.“ Sowohl bei pharmazeutischen Wirkstoffen als auch bei gebrauchsfertigen Medikamenten stamme der Großteil der gefälschten oder illegalen Ware aus China. Es lasse sich damit mehr Geld machen „als im Betäubungsmittelbereich“.
Preisgünstigere Importmedikamente können die Patientensicherheit gefährden
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) forderte härtere Strafen für Arzneimittelfälscher, die an Strafen für Drogendelikte angelehnt werden sollen. Im Bayerischen Rundfunk verlangte sie zudem eine Abschaffung des Zwangs für Apotheken, preisgünstigere Importmedikamente abgeben zu müssen, wozu diese derzeit gesetzlich verpflichtet sind. Die Praxis könne die Patientensicherheit gefährden, sagte Huml.
Während die Arzneifälschungen boomen, geht auch die Rauschgiftkriminalität nicht zurück, wie der für den Zoll zuständige Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, Julian Würtenberger, sagte. So nähmen etwa die Kokainfunde stark zu. Nach 1,2 Tonnen im Jahr 2014 beschlagnahmte er Zoll 2015 rund 1,7 Tonnen Kokain. Insgesamt wurden 16,7 Tonnen Rauschgift gefunden, drei Tonnen mehr als 2014. © afp/aerzteblatt.de

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