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Medizinischer Fakultätentag fordert Qualitätssicherung für Promotionen

Donnerstag, 14. April 2016

Berlin – Der Medizinische Fakultätentag (MFT) hat sich für strukturierte Programme zur Qualitätssicherung medizinischer Promotionen ausgesprochen. „Wie die viel zu große Zahl problematischer Beispiele in der Vergangenheit gezeigt hat, müssen verbindliche Verfahren zur Qualitätssicherung greifen“, sagte der MFT-Präsident Heyo Kroemer. Er betonte, alle medizinischen Fakultäten hätten in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, „sodass wir davon ausgehen können, dass die Anzahl von Arbeiten mit minderer Qualität oder mit klaren Verstößen gegen die gute wissenschaftliche Praxis deutlich zurückgehen wird“, so Kroemer.

Wie eine aktuelle Umfrage des MFT zeigt, hat die überwiegende Zahl der medizinischen Fakultäten in Deutschland mittlerweile strukturierte Promotionsprogramme eingerichtet. Allerdings kommen diese meist nur einem Teil der Promovierenden zugute. „Die positiven Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren mit den bereits bestehenden strukturierten Promotionsprogrammen machen konnten, bestätigen uns darin, diese nun als die Regel für die Erlangung des Dr. med. und des Dr. med. dent. zu fordern“, erklärte Matthias Frosch aus dem MFT-Präsidium. Diese sollten eine reine Forschungszeit von mindestens neun Monaten und klare Anforderungen zur Auswahl, Betreuung und Bewertung der Promovierenden und ihrer Forschungsarbeiten beinhalten.

Allerdings müsse das Medizinstudium die Grundqualifikationen für die wissenschaftliche Arbeit schon vor der Promotion vermitteln. „Die wissenschaftliche Ausbildung muss im Studium klar verankert sein“, betonte, Kroemer. © hil/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #697854
Dr.Bayerl
am Montag, 18. April 2016, 08:56

eine überflüssige Antimediziner-Diskussion.

Schon die jetzige bewehrte Praxis in der dringend notwendigen geradezu grenzenlosen "klinischen Forschung" wird von immer weniger Studierenden wahrgenommen, die auf den Dr.-Titel pfeifen. Deshalb erledigt sich dieses Scheinproblem möglicherweise schon von selbst, gerade weil das international einschl. USA nicht üblich ist. Der MD macht keine Dr.Arbeit.
Diese Arbeit ist nicht nur zeitaufwendig sondern wird üblicherweise ganz ohne Bezahlung geleistet.
Da kann sich nur ein mit gut-betuchten Eltern versehener Student eine komplette Auszeit leisten. Die Regel ist also die bereits begonnene bezahlte ärztliche Assistententätigkeit nach überdurchschnittlich langem Studium Existenzgrundlage, die nicht das geringste mit der Dr.-Arbeit zu tun hat und als unbezahlte Nebentätigkeit dann sicher ein paar sehr harte Jahre in Anspruch nimmt. Ohne das (abnehmende) Heer dieser unbezahlten Doktoranden würde die klinische Forschung weitgehend zusammenbrechen. Das irgendwie mit negativem "Ego-Tripp" in Verbindung zu bringen, zeigt schlicht unangemessene Arroganz, die letztlich der Medizin mehr Schaden als Nutzen bringt. Das geht schon soweit, der Medizin als Ganzes die "die Naturwissenschaftlichkeit" abzusprechen. Diese wird von ganz anderer Seite bedroht, sogar stolz auch in den Medien "Alternativmedizin" genannt, korrekt müsste das natürlich Alternative zur Medizin genannt werden. Selbstverständlich ist und bleibt "Medizin" eine naturwissenschaftliche Disziplin. Immerhin muss der Dr.-Vater habilitiert sein und man sollte die "Qualitätsfrage" diesem und einer ganz normalen Fakultät einer ordentlichen Universität einfach zutrauen.
Was ist denn bitte z.B. die legendäre Framingham-Kohorte für "first class Boston University"(USA), keine Naturwissenschaft? Dass etwa neue Operationen am Mensch von einem blutigen Anfänger als Dr.-Arbeiten zu leisten seien, kann ja wohl nicht ernst gemeint sein.
Ein contra Medizinerpromotion ist ein contra für die seriöse Medizin, die Ihre Feinde außerhalb der Naturwissenschaft hat.
Dr. Bayerl Düsseldorf
Avatar #691359
Staphylococcus rex
am Sonntag, 17. April 2016, 23:18

Pro und contra Medizinerpromotion

Dass ein Dr. med. und ein Dr. rer. nat nur bedingt miteinander vergleichbar sind, ist nichts Neues. Wer die Qualität der Medizinerpromotionen bemängelt, könnte auch vorschlagen, sie ganz abzuschaffen. Für einen Dr. rer. nat muss man aber drei Jahre Vollzeit arbeiten. Bisher sind es eher nur die Mediziner, die den Karriereweg einer Professur gehen wollen, die sich dies antun, da einerseits die Zahl an Doktorandenstellen begrenzt ist, andererseits damit die Zeit bis zum Facharzt um weitere drei Jahre hinausgezögert wird. Angenommen der Dr. med. würde entfallen, dann würde ein Teil der Ärzte auf die Promotion verzichten, ein Teil würde nach dieser Zeit als besserer Wissenschaftler ins Gesundheitssystem zurückkehren, aber ein nicht unwesentlicher Teil würde nur wegen des Titels mit Biologen und anderen Naturwissenschaftlern um die Doktorandenstellen konkurrieren.

Andererseits werden im Gesundheitssektor große Summen umgesetzt, neue Medikamente, Therapien und Medizinprodukte werden am Patienten eingesetzt, dies muss wissenschaftlich begleitet werden, sowohl aus ethischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen. Unser derzeitiges Gesundheitssystem ist auf eine möglichst effektive=preiswerte Patientenversorgung optimiert, in diesem System ist in der klinischen Forschung kein Platz für externe Spezialisten. Das bedeutet, die klinische Forschung wird zum großen Teil von Ärzten getragen, die dies parallel zu ihrer ärztlichen Tätigkeit erledigen.

Damit stellt sich für mich die Frage, was ist die Aufgabe der Medizinerpromotion und wie kann hier ein Mindestmaß an Qualität gesichert werden? Abgesehen von den angenehmen Nebeneffekten auf das Ego und die Kariere des Doktoranden besteht aus meiner Sicht die Hauptaufgabe darin, das wesentliche Handwerkszeug für wissenschaftliches Arbeiten zu vermitteln, also logisches Denken, Grundlagen der Statistik, Umgang mit (englischer) Fachliteratur, saubere Dokumentation der Daten, Analyse der Daten und Formulierung eigener Schlussfolgerungen.

Nun gibt es aber auch Unterschiede innerhalb der Medizinerpromotion. Es gibt experimentelle Arbeiten, die publiziert werden, die vom Umfang her zwar kleiner sind als die Arbeit für einen Dr. rer. nat, die aber qualitativ durchaus vergleichbar sind. Es gibt aber auch die Situation, dass ein Ober/Chefarzt eine neue Op-Technik oder ein neues Medizinprodukt einführt und seine Routinedaten dem Doktoranden zur Auswertung zur Verfügung stellt. In dieser Situation kann man vom Doktoranden auch nicht verlangen, die Daten selbst zu gewinnen, einerseits weil dem Doktoranden die handwerklichen Fähigkeiten (noch) fehlen, andererseits weil bei bestimmten Krankheitsbildern das Sammeln dieser Daten das Zeitfenster für eine Promotion sprengt. Das Auswerten und Zusammenschreiben fremder Daten erfüllt bei strenger Betrachtung lediglich den Tatbestand einer Diplomarbeit. Man kann eine derartige Arbeit aber auch aufwerten, z.B. indem der Doktorand durch Fragebögen oder Nachuntersuchungen sich aktiv an der Generierung der Daten beteiligt. Oder indem man die Daten nutzt, dem Doktoranden unterschiedliche statistische Methoden trainieren zu lassen.

Der Fakultätentag fokussiert sich in seinem Papier auf zwei Aspekte: einer 9-monatigen Vollzeit-Tätigkeit für das Promotionsthema und zusätzlich einer fachlichen/seminaristischen Begleitung der Doktoranden. Der fachlichen Begleitung würde ich sofort zustimmen. Bei der 9-monatigen Vollzeit-Tätigkeit habe ich so meine Bedenken. Erstens, wovon soll der Doktorand in diesen 9 Monaten leben? Zweitens benötigt eine experimentelle Medizinerpromotion, wenn sie gut vorbereitet ist, ca. 1000 Stunden Arbeitszeit. Das wäre etwa ein halbes Jahr Vollzeit, kann aber auch abends oder am Wochenende abgeleistet werden.

Viel wichtiger als ein definiertes Zeitfenster ist für die Qualität einer Promotion ein sauberes und gut durchdachtes Konzept des Doktorvaters. Aus meiner Sicht und nach eigenen persönlichen Erfahrungen sollten deshalb medizinische Doktorarbeiten nicht nur bei der Fakultät angemeldet werden, sondern der zukünftige Doktorvater sollte vorher sein Konzept einen hausinternen Review-Prozess unterwerfen. Eine geplante Doktorarbeit z.B. aus dem Gebiet Geschichte der Medizin hätte sicher andere Schwerpunkte als eine experimentelle Arbeit. Aber egal, ob der Schwerpunkt der Arbeit auf der „A-Note“ (eigene experimentelle Daten) oder der „B-Note“ (Literaturarbeit und Statistik) liegt, der Umfang der Arbeitspakete sollte bei allen Arbeiten vergleichbar sein und die Verfügbarkeit der notwendigen Ressourcen sollte bereits vorher gesichert sein.

Das Procedere der Registrierung einer Promotionsarbeit im Papier des Fakultätentags sieht für mich aus wie eine „Mini-DFG Antrag“. Damit könnten zwar einige der o.g. Fragen geklärt werden, es werden aber auch neue Fragen aufgeworfen: woher soll z.B. das Geld für die notwendigen Stipendien (Stichwort 9 Monate) kommen? Wer soll diese Anträge bearbeiten? Wie lange wird dies dauern? In dem Papier des Fakultätentags vermisse ich derartige Gedankengänge. Ich vermisse Vorschläge, wie man mit den vorhandenen Strukturen und Ressourcen die Qualität verbessern kann. Wer die Qualität der Medizinerpromotion heben möchte, sollte seinen Focus auf die Qualität der fachlichen Betreuung durch den Doktorvater richten. Ein gutes Konzept und eine gute Betreuung sollten durch die Fakultät eingefordert, kontrolliert und dann aber auch honoriert werden.

Aus meiner Sicht besteht das Problem der Medizinerpromotion nicht in dem Unterschied zur naturwissenschaftlichen Promotion sondern in den teilweise erheblichen Qualitätsunterschieden innerhalb der Medizinerpromotion. In Zeiten, wo die Bundesländer ihre Zuschüsse für die Hochschulen runterfahren und Forschung fast nur noch über Drittmittel und kaum noch über Grundausstattung läuft, bietet sich die Medizinerpromotion für die Realisierung kleinerer Projekte an, gibt den Doktoranden eine Grundausbildung in wissenschaftlicher Arbeitsweise und sorgt im Wissenschaftsbetrieb für eine optimale Aufteilung der knappen Ressourcen zwischen Medizinern und Biologen.
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