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Medizin

Niedriggradige Gliome: Späte Vorteile einer Chemotherapie

Freitag, 15. April 2016

dpa

Rochester – Eine zusätzliche Chemotherapie kann die Überlebenszeiten von Patienten mit niedriggradigen Gliomen deutlich verlängern, die nach der Operation bereits eine Radiotherapie erhalten haben. Dies zeigen die Langzeitergebnisse einer randomisierten Studie im New England Journal of Medicine (2016; 374: 1344-1355).

Auf die niedriggradigen Gliome entfallen etwas 5 bis 10 Prozent aller Hirntumore. Häufig sind es jüngere Patienten, die an den langsam wachsenden Tumoren erkranken, die im Verlauf der Zeit zu neurologischen Ausfällen und schließlich zum Tod führen. Die Standardbehandlung bestand lange in einer Strahlentherapie, eine Chemotherapie war auf Tumore beschränkt, bei denen es nach der Strahlentherapie zu einem Rezidiv gekommen war.

Die amerikanische Radiation Therapy Oncology Group hatte zwischen 1998 und 2002 in einer randomisierten Studie untersucht, ob eine zusätzliche Chemotherapie mit Procarbazin, Lomustin (CCNU) und Vincristin (PCV) in der Erstbehandlung die Ergebnisse verbessern kann. An der Studie hatten 251 Patienten mit Astrozytom, Oligodendrogliom oder Oligoastrozytom vom Grad 2 teilgenommen.

Die Hälfte der Patienten war unter 40 Jahre alt. Bei ihnen war eine subtotale Resektion des Hirntumors vorgenommen worden. Bei den älteren Patienten war eine Biopsie oder eine Teilresektion durchgeführt worden. Wegen des infiltrativen Wachstums der Gliome ist eine vollständige Entfernung des Tumors in der Regel nicht möglich.

Die ersten Ergebnisse nach einer medianen Beobachtungszeit von 5,9 Jahren hatten gezeigt, dass die PCV-Chemotherapie das mediane progressionsfreie Überleben verlängert, ein Einfluss auf das Gesamtüberleben war jedoch noch nicht erkennbar (J Clin Oncol 2012; 30: 3065-70). Inzwischen sind im Mittel 11,9 Jahre seit der Behandlung vergangen: Bei 67 Prozent der Patienten ist es inzwischen zu einer Tumorprogression und bei 55 Prozent der Patienten zum Tod gekommen.

Laut Jan Buckner, Mayo Clinic, Rochester, und Mitarbeitern hat sich der Vorteil im progressionsfreien Überleben verstärkt: Ohne Chemotherapie kam es nach durchschnittlich 4,0 Jahren zum erneuten Tumorwachstum, mit Chemotherapie war dies erst nach 10,4 Jahren der Fall. Buckner errechnet eine Hazard Ratio von 0,50 (95-Prozent-Konfidenzintervall 0,36-0,68).

Erstmals ist auch eine Verlängerung des Gesamtüberlebens sicher nachweisbar. Patienten mit alleiniger Radiotherapie lebten im Durchschnitt 7,8 Jahre, Patienten mit zusätzlicher Chemotherapie dagegen 13,3 Jahre, also fünfeinhalb Jahre länger. Die Hazard Ratio beträgt 0,59 (0,42-0,83).

Die Chemotherapie erhöhte die Chancen auf ein progressionsfreies Überleben nach zehn Jahren von 21 auf 51 Prozent und auf ein Gesamtüberleben nach zehn Jahren von 40 auf 60 Prozent. Für beide, progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben, wurde ein Vorteil erst 2 bis 4 Jahre nach der Randomisierung erkennbar. Am größten waren die Vorteile für Patienten mit Oligodendrogliom, einer R132H-Mutation im IDH1-Gen und für jüngere Patienten.

Wie zu erwarten, erhöhte die Chemotherapie die Toxizität der Behandlung: Am häufigsten klagten die Patienten über Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Die meisten Nebenwirkungen waren jedoch milde (Grad 1 oder 2). Drei Patienten benötigten Bluttransfusionen, einer erhielt Thrombozyten. Ein Patient erkrankte an einem neutropenischen Fieber.

Die Ergebnisse wurden inzwischen durch Langzeitbeobachtungen der Studien RTOG 9402 und EORTC 26951 bestätigt. Beide zeigen eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeit von Patienten mit anaplastischen oligodendroglialen Tumoren mit 1p/19q-Kodeletion, wenn die Strahlentherapie mit einer PCV-Chemotherapie kombiniert wird. © rme/aerzteblatt.de

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