Politik
Pflege: Bundesregierung will Prüfrecht nachschärfen
Freitag, 22. April 2016
Berlin - Die Bundesregierung will Abrechnungsbetrug bei Pflegediensten künftig verhindern. Dafür sollen die gesetzlichen Regelungen zur Kontrolle von Pflegeleistungen geschärft werden. Auch Leistungen der häuslichen Krankenpflege sollen künftig überprüft werden - das ist bisher nicht der Fall. Dies ist ein Ergebnis eines Treffens von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit Vertretern von Pflegeverbänden, Bundeskriminalamt (BKA) und gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) am Freitag in Berlin.
Vor einer Woche war bekannt geworden, dass den deutschen Sozialkassen durch Abrechnungsbetrug vor allem russischer Pflegedienste insbesondere im Bereich der ambulanten häuslichen Pflege erheblicher Schaden entstanden ist. Unter anderem wurden Leistungen für schwer pflegebedürftige Patienten abgerechnet, die nicht erbracht wurden. Ministeriumssprecherin Katja Angeli sagte, es gehe auch darum, zu prüfen, ob die bereits bestehenden Regelungen tatsächlich greifen. Sie bekräftigte, das Thema Pflegebetrug solle auch im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern aufgegriffen werden.
Pflegebetrug: Großrazzia in Berlin
Berlin – Wegen des Verdachts organisierter Kriminalität in der Altenpflege ist die Berliner Polizei gegen einen Ring von Betrügern vorgegangen. 115 Polizisten durchsuchten heute die Geschäftsstelle einer Pflegefirma sowie 29 Wohnungen in Berlin und Brandenburg. Die 41-jährige Geschäftsführerin der Firma wurde verhaftet. Der Schaden soll bei einer Million Euro liegen. Unter Verdacht stehen zudem
Der Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, erklärte: „Es ist gut, dass der Minister so rasch alle Beteiligten an einen Tisch gebeten hat, um die notwendigen Schritte miteinander zu besprechen.“ Alle seien sich einig, dass es „Null Toleranz“ bei betrügerischen Machenschaften geben dürfe. Das gemeinsame Ziel sei, „falsche Abrechnungen zulasten der Pflegebedürftigen und der Sozialkassen besser zu verhindern“.
Kiefer betonte wie Angeli, bei aller berechtigten Aufregung über die bekannt gewordene Dimension des Betrugs müsse klar sein, dass die allermeisten Pflegedienste seriöse und gute Arbeit leisteten und den Pflegebedürftigen eine wichtige Hilfe seien. Nach den Worten Angelis ist der Bericht des BKA noch nicht im Ministerium eingegangen. „Das ist auch ein Grund, warum das Bundesgesundheitsministerium das BKA mit zu der Runde eingeladen hat, damit die Informationen da künftig besser fließen.“
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte, Gröhe müsse den Blick auch auf Haus- und Fachärzte richten. „Es gibt offensichtlich reichlich Mediziner, die zum Rezeptblock greifen, ohne den Patienten immer genau zu kennen“, erklärte er. Schließlich verordneten sich ambulante Dienste nicht selbst die medizinisch-pflegerische Behandlung.
Transparency International Deutschland forderte bessere Kontrollmechanismen bei ambulanten Pflegediensten, transparentere Abrechnungssysteme und strengere Regeln bei der Vergabe von Leistungen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Berichte über systematischen Betrug bei Pflegediensten wies die Antikorruptionsorganisation erneut auf strukturelle Schwachstellen und Einfallstore für Korruption in der Pflege hin. Bereits 2013 habe die Organisation mit einer Studie auf die Korruptionsanfälligkeit der Strukturen im Pflegebereich aufmerksam gemacht.
Meldepflicht in Nordrhein-Westfalen eingeführt
Unterdessen teilte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium mit, dass ambulant tätige Pflege- und Betreuungsdienste ab sofort verpflichtet sind, ihre Tätigkeit bis spätestens zum 30. Juni 2016 bei den Aufsichtsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte anzumelden. Durch die Meldepflicht sollen die Behörden bessere Kontrollmöglichkeiten erhalten. Die Pflegedienste müssen bei der Anmeldung verantwortliche Personen namentlich benennen. Diensten, die der Meldepflicht nicht nachkommen, droht ein Bußgeld von bis zu 20.000 Euro. In NRW arbeiten rund 2.850 Pflegedienste mit knapp 41.000 Mitarbeitern. Etwa ein Drittel der 422.000 Pflegebedürftigen, die zu Hause leben, werden von Pflegediensten betreut. © dpa/aerzteblatt.de

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