Medizin
Immunschwäche bei Querschnittslähmung im Fokus
Dienstag, 26. April 2016
Columbus – Patienten mit einer traumatischen Querschnittslähmung können durch eine Dysregulation autonomer Körperfunktionen eine Immunschwäche erleiden. An Mäusen konnten Wissenschaftler des Cincinnati Children's Hospital und der Ohio State University die pathophysiologischen Grundlagen dieser Immunschwäche erforschen und eine Substanz testen, welche diese Immunschwäche überwinden könnte. Die Forscher um Phillip Popovic und Yutaka Yoshida berichten über ihre Ergebnisse in Nature Neuroscience (doi:10.1038/nn.4289).
Wer eine Querschnittlähmung erleidet, ist nicht nur motorisch eingeschränkt, sondern zeigt auch Störungen des autonomen Nervensystems. Dies kann Störungen der Verdauung, der Miktion, der Sexualfunktion und eben auch der immunologischen Funktion verursachen.
Während der Hauptteil der abdominalen Organe parasympathisch durch den Nervus Vagus versorgt wird, erfolgt die sympathische Innervation durch Nervenfasern des sympathischen Grenzstrangs. Die daraus abgehenden Nervi splanchnici major et minor versorgen die Milz und andere immunologisch aktive Organe. Bei Querschnittlähmungen ab dem Thorakalsegment fünf kann es zu einer Unterbrechung der zentralen Regulation dieser sympathischen Nervenleitung kommen. Wie jedoch diese Unterbrechung zur Immunsuppression führt, ist laut den Forschern bisher unklar.
Die Forscher untersuchten an Mäusen, denen das Rückenmark durchtrennt wurde, die morphologische Veränderungen des Nervengewebes. Bei den Versuchstieren löste die Durchtrennung eine Aktivierung eines speziellen Interneuronennetzwerkes aus, welches die viszeralen Nerven ansteuert. Die Forscher stellten fest, dass diese Interneuronen offensichtlich einen Reflex auslösten, der antiinflammatorisch wirksam war. Bei den Mäusen atrophierte die Milz nach der Durchtrennung und es kam zu einer Leukopenie.
In einem zweiten Schritt versuchten die Forscher, das Netzwerk aus Interneuronen gezielt zu hemmen. Unter den getesteten Hemmstoffen zeigte sich, dass eine Substanz mit dem Namen „hM4Di-DREADD“ wirksam war. Der Stoff unterdrückte den immunsuppressiven Reflex. Bei den behandelten Tieren bildeten sich auch die Leukopenie und die Milzatrophie vollständig zurück.
Für Querschnittsgelähmte könnten die Unterdrückung des immunsupressiven Reflexes die Anzahl der Infektionen deutlich vermindern. Infektionen gehören bei dieser Patientengruppe immer noch zu den häufigsten Todesursachen. Die Forscher geben jedoch zu bedenken, dass die klinische Testung dieser Methode an Menschen noch viele Jahre entfernt ist. © hil/aerzteblatt.de

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