Ärzteschaft
30 Jahre Tschernobyl: Ärzteorganisation drängt auf Abschaltung aller Atomkraftwerke
Dienstag, 26. April 2016
Berlin – 30 Jahre nach dem Unglück von Tschernobyl hat die Ärzteorganisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzte in sozialer Verantwortung“ (IPPNW) die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine zügige Abschaltung und Stilllegung der Atomreaktoren in Europa einzusetzen.
In den frühen Morgenstunden des 26. April 1986 explodierte der Reaktor 4 des sowjetischen Atomkraftwerks Tschernobyl. Radioaktive Wolken verteilten sich in den folgenden Wochen über ganz Europa. In Deutschland waren vor allem Bayern und Baden-Württemberg betroffen.
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Die bekannteste Folge des Super-GAU ist der massive Anstieg von Schilddrüsenkrebsfällen – vor allem in Weißrussland, der Ukraine und Russland, aber in geringerem Umfang auch in allen anderen radioaktiv kontaminierten Regionen Europas, berichtet die Ärzteorganisation. Die Fokussierung auf Schilddrüsenkrebs habe jedoch dazu geführt, dass andere Tschernobyl-Folgen aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt wurden: So kam es bei den Aufräumarbeitern und Bewohnern der stark kontaminierten Gebiete zu signifikant erhöhten Raten von Leukämie und Lymphomen sowie Malignomen der Prostata, der Haut, der Nieren, des Darms und der weiblichen Brust.
Die Internationale Atomenergieorganisation IAEO, deren Satzungsziel die Förderung der zivilen Atomenergie ist, geht von einer Kollektivdosis von 55.000 Personen-Sievert aus – laut IPPNW genug, um rund 5.000 bis 19.000 zusätzliche Krebsfälle zu verursachen. Sowjetische Behörden gaben allerdings für ganz Europa eine Kollektivdosis von 2,4 Millionen Personen-Sievert an – mit der Folge von rund 216.000 bis 842.000 zusätzlichen Krebserkrankungen, davon etwa die Hälfte mit tödlichem Ausgang. „Zwischen diesen beiden Schätzungen wird sich die tatsächliche Dosis bewegen“, berichtet IPPNW. © hil/aerzteblatt.de

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