Medizin
ROLARR-Studie: Roboter schneidet am Darm gut ab
Mittwoch, 27. April 2016
Berlin – Der Einsatz von Robotersystemen in der Chirurgie nimmt immer mehr Fahrt auf, wird jedoch kontrovers diskutiert. Vor allem fehle es an evidenzbasierten Daten, lautet häufig die Kritik. Deshalb freue er sich besonders, dass er erste, bislang noch nicht publizierte Ergebnisse der „ROLARR-Studie“ vorstellen könne, sagte Gintautas Virakas, Oberarzt von der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Augusta-Kranken-Anstalt in Bochum auf dem Deutschen Chirurgenkongress.
Man wollte wissen, ob die Roboterassistenz eine laparoskopische Rektumresektion besser und einfacher machen könne, erläuterte Virakas in der Sitzung „Roboterchirurgie“. Als primärer Studienendpunkt ist deshalb die Konversionsrate gewählt worden.
Die mittels Robotikunterstützung operierenden Chirurgen waren deutlich seltener gezwungen, zu einem offenen Eingriff zu wechseln (Konversionsrate 8,1 % vs. 12,2 %). Allerdings war der Unterschied statistisch nicht signifikant Jedoch zeigten sich die Vorteile klarer, wenn man einzelne Risikofaktoren in der Subgruppenanalyse betrachtet. So profitieren offenbar besonders adipöse und männliche Patienten von der Roboterassistenz sowie diejenigen, bei denen eine tiefe anteriore Rektumresektion vorgenommen wird.
Dies belege die von den Anwendern des Systems vielfach berichteten Vorteile bei „superschwierigen“ Bedingungen, so Virakas in Berlin. Die Roboterassistenz erhöht die Bewegungsfreiheit aufgrund der vom Operateur gesteuerten Instrumente. Die Freiheitsgrade für das Abwinkeln und Drehen sind deutlich größer als die von Handgelenk und Fingern, was besonders bei subtilen Präparationen unter engen Operationsbedingungen als hilfreich empfunden wird. Zudem lässt sich mittels Pedal die Kamera vom Chirurgen stabil führen, das Operationsfeld wird nach Bedarf vergrößert und herangezoomt.
Robotereingriffe dauern länger
Die Robotic vs. Laparoscopic Resection for Rectal Cancer-Studie ist die erste prospektive randomisiert-kontrollierte Multizenter-Studie zum Vergleich von traditioneller und roboter-assistierter laparoskopischer Rektumresektion. Sie ist vom britischen National Institute for Health Research (NIHR) und von der Universität in Leeds gefördert worden, von wo auch die Koordination erfolgte. 29 Kliniken aus 10 Ländern nahmen teil, bei den insgesamt 40 operierenden Chirurgen handelte es sich durchweg um sehr erfahrene Laparoskopiker, wie Virakas betonte.
Seit dem Jahr 2012 sind 471 Patienten mit Rektumkarzinom rekrutiert worden, 234 wurden traditionell laparoskopisch operiert, 237 mit Hilfe der Robotik. Hinsichtlich der Komplikationen gab es keine Unterschiede zwischen der Laparoskopie- und Robotikgruppe. (Mortalität 0,9 % vs. 0,8%; 30-Tage-Morbidität 31,7 % vs. 33,1 % und CRM+ 6,3% vs. 5,1 %). Die Eingriffe dauerten allerdings im Durchschnitt rund 30 Minuten länger, negativ schlagen auch die hohen Kosten zu Buche, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden. Über die Ergebnisse zur Lebensqualität und zur Funktionalität (z.B. Kontinenz, Sexualfunktion) soll in Kürze berichtet werden. Die onkologischen Langzeitergebnisse (Lokalrezidivrate nach drei Jahren) stehen erst nach Abschluss der Nachbeobachtungszeit zur Verfügung.
Christoph Reißfelder, leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, hob als Vorsitzender des Symposiums die methodische Bedeutung der ROLARR-Studie hervor. Während es in den vergangenen Jahren lange gedauert habe, bis man zum Beleg der Vorteile laparoskopischer Eingriffe aussagekräftige Studien habe auf den Weg bringen können, sei es zu begrüßen, dass derart rasch eine randomisiert-kontrollierte Studie zur Roboterchirurgie für diese wichtige Operationsindikation zustande gekommen sei. Er zeigte sich überzeugt, dass die Roboterassistenz über kurz oder lang Einzug in die Viszeralchirurgie halten werde.
© mls/aerzteblatt.de

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