Medizin
Plötzlicher Herzstillstand: Screening bei Sportlern kann keine Leben retten
Donnerstag, 28. April 2016
Brüssel – Schätzungen zufolge sterben 0,001 Prozent der jungen Sportler jährlich an einem plötzlichen Herzstillstand. Die Ursache dafür ist meist eine unentdeckte Herz-Kreislauf-Erkrankung. Die American Heart Association und die European Society of Cardiology empfehlen in ihren Leitlinien ein leicht unterschiedliches Screening, um Risikopatienten frühzeitig zu erkennen.
Einer Übersichtsstudie zufolge, die am 20. April im British Medical Journal (BMJ 2016;353:i1156) publiziert wurde, liegt jedoch keine klare Evidenz dafür vor, dass dieses Screening den Tod durch einen plötzlichen Herzstillstand bei Hobbysportlern zwischen 18 und 34 verhindern kann. Das Autorenteam um Hans Van Branbandt vom Belgischen Health Care Knowledge Centre (KCE) in Brüssel raten daher davon ab, das Screening durchzuführen. Die Konsequenzen vor allem aus falsch positiven Diagnosen könnten sogar mehr Schaden als Nutzen bringen.
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Die nationale Leitlinie der American Heart Association empfiehlt, das Risiko-Screening anhand der persönlichen und der Familienhistorie sowie einer körperlichen Untersuchung einzuschätzen. Jedoch hatten von 115 Sportlern, die an einem plötzlichen Herzstillstand starben, nur vier zuvor an diesem Screening teilgenommen und nur bei einem der vier wurde das Risiko erkannt.
Die European Society of Cardiology empfiehlt zudem, ein Elektrokardiogramm (EKG) durchzuführen. Aber auch hier wird ein Viertel der Risiko-Patienten nicht erkannt. Zudem berichten die Autoren von falsch positiven Befunden: Ärzte identifizieren bis zu fünf Prozent der gesunden Probanden mittels EKG, weitere 30 Prozent durchlaufen zusätzliche Testverfahren zur Abklärung.
Nachteile des Screenings
Dieses Vorgehen bleibt nicht ohne Folgen. Angst, psychische Beeinträchtigungen und Übertherapie schaden dem falsch diagnostizierten Sportler und entbinden ihn letztlich eventuell sogar von seinen sportlichen Aktivitäten. Gegen das Screening spricht auch, dass sich Ärzte bei der Behandlung der identifizierten Risiko-Patienten nicht einig sind. Einige Therapien gehen mit einem vergleichbar hohen Sterberisiko einher wie die Wahrscheinlichkeit an einem plötzlichen Herzstillstand zu sterben, berichten die Brüsseler Forscher.
Ausnahme Italien
Ausschließlich eine Studie aus Italien, wo das Screening seit den 70er Jahren für bestimmte Sportarten verpflichtend ist, konnte einen Nutzen nachweisen. Einige Forscher kritisieren jedoch, dass die Daten nicht vollständig publiziert seien. Auf Nachfrage beim Studienautor Domenico Corrado wurden weitere Auswertungen der Region Veneto in Aussicht gestellt, die den positiven Effekt des Screenings bestätigen sollen. © gie/aerzteblatt.de

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