Politik
Sozialbetrug: Fahnder durchsuchen 110 Heime und Kliniken
Freitag, 29. April 2016
Kiel – Wegen vermuteten Sozialbetrugs haben Ermittler bei Razzien in 110 Pflegeheimen und Kliniken zahlreiche Unterlagen wie etwa Dienstpläne beschlagnahmt. „Es geht um den Verdacht, dass Pflegekräfte als Scheinselbstständige beschäftigt und auf diese Weise Sozialabgaben in Höhe von 6,1 Millionen Euro in den Jahren 2010 bis 2016 nicht gezahlt wurden“, sagte Oberstaatsanwalt Axel Bieler in Kiel. Bei den Durchsuchungen am seien 650 Kräfte des Zolls und der Ermittlungsbehörden im Einsatz gewesen.
Ermittelt werde gegen Verantwortliche in 237 Einrichtungen, sagte Bieler. Betroffen seien 181 Einrichtungen in Schleswig-Holstein und 56 Einrichtungen in anderen Bundesländern mit Bezug zu Schleswig-Holstein. Strafrechtlich gehe es um Paragraf 266a des Strafgesetzbuches, das „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“. Die Auswertung der Unterlagen werde noch geraume Zeit dauern, kündigte Bieler an.
Ministerin spricht von Skandal
Schleswig-Holsteins Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) sprach am Freitag von einem „richtigen Skandal“. Arbeitnehmer seien ausgebeutet und Arbeitsverhältnisse vorgetäuscht worden. „Wir müssen uns das ganz genau angucken, und wir müssen Mechanismen entwickeln, dass das nicht wieder vorkommen kann“, sagte Alheit.
Die pflegepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Birte Pauls, zeigte sich entsetzt, „dass ausgerechnet diejenigen, die in der Pflege der höchsten Arbeitsbelastung unterliegen und am wenigsten Lobby haben, mit offensichtlich krimineller Energie betrogen wurden.“
Das Problem des Fachkräftemangels lässt sich nach Ansicht des früheren schleswig-holsteinischen Gesundheitsministers Heiner Garg (FDP) nur lösen, „wenn man Pflegekräfte anständig bezahlt, anständig behandelt und sie nicht um ihre soziale Absicherung betrügt“. Er kündigte an, dass die FDP-Landtagsfraktion einen Bericht der Landesregierung zu diesen Vorgängen für die nächste Sitzung des Sozialausschusses anmelden will. „Zur Rechenschaft müssen diejenigen gezogen werden, die Sozialbetrug professionell organisieren“, sagte er.
Ins Rollen kamen die Ermittlungen nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft durch Erkenntnisse aus ähnlich gelagerten Verfahren gegen Verantwortliche von Personalvermittlungsagenturen.
© dpa, AFP/aerzteblatt.de

Sozialbetrug gibt es auch bei vielen Botschaften ausländischer Staaten in Bonn und Berlin
Sozialbetrug gibt es auch bei vielen Botschaften ausländischer Staaten in Bonn und Berlin mit Wissen des deutschen Auswaertigen Amtes in Bonn und Berlin seit mehr als 30 Jahren.
Botschaftsangestellte ausländischer Staaten können vor deutschen Arbeitsgerichten klagen
Voraussetzung ist, dass die Botschaftsangestellten keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 19.07.2012, C-154/11 ("Mahamdia")
Globus mit Europa im Vordergrund, gekreuzte rote Klebestreifen auf einigen LändernKeine leichte Entscheidung: Wo dürfen Botschaftsangestellte klagen?
27.07.2012. In Berlin gibt es viele Botschaften ausländischer Staaten und dementsprechend viele Arbeitnehmer, die für Botschaften arbeiten. Die Arbeitsbedingungen von Botschaftsangestellten sind aber oft alles andere als gut. Schlechte Bezahlung, Angst vor unbegründeten Entlassungen und Lohnprellerei sind an der Tagesordnung.
Aus anwaltlicher Sicht ist das kein Wunder, können Botschaftsangestellte ihren Arbeitgeber doch praktisch nie mit Aussicht auf Erfolg verklagen. Denn Botschaften unterliegen nach dem Völkerrecht ebenso wie der Entsendestaat, der hinter ihnen steht, nicht der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats, d.h. sie sind "immun“ gegen dessen Rechtsprechung.
Diese Abschottung ausländischer Botschaften gegen die Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte lässt sich aber sachlich nur rechtfertigen, wenn es um Streitigkeiten zwischen der Botschaft und "hoheitlich" tätigen Botschaftsangehörigen geht. Warum dagegen Hilfskräfte wie Fahrer, Reinigungskräfte oder Pförtner keine Klagen vor deutschen Arbeitsgerichten erheben können sollten, ist nicht verständlich.
Das hat jetzt auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Berliner Fall klargestellt, in dem es um einen Angestellten der algerischen Botschaft ging. EuGH, Urteil vom 19.07.2012, C-154/11 - „Mahamdia“.
http://www.hensche.de/Botschaftsangestellte_koennen_vor_deutschen_Gerichten_klagen_Botschaft_EuGH_C-154-11_Mahamdia.html

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