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Medizin

Choroideremia: Gentherapie gegen Erblindung langfristig wirksam

Sonntag, 1. Mai 2016

Oxford – Anders als bei der Leberschen Kongenitalen Amaurose, wo Gentherapien die Sehleistung der Patienten bisher nur über wenige Monate verbessern konnten, scheint die Behandlung bei der Choroideremia langfristig erfolgreich zu sein. Der Bericht im New England Journal of Medicine (2016; doi: 10.1056/NEJMc1509501) lässt hoffen, dass das Behandlungskonzept auch auf häufigere genetische Augenerkrankungen angewendet werden könnte.

Angeborene Störungen der Retina sind derzeit ein beliebtes Forschungsgebiet der Gentherapie. Die Behandlung ist relativ leicht möglich, da die Retina von außen gut erreichbar ist und der nach außen abgeschlossene Augapfel eine Begrenzung der Wirkung auf die Zielzellen verspricht. Die ersten Experimente wurden ab 2007 bei der Leberschen Kongenitalen Amaurose (LCA) durchgeführt – bisher mit begrenztem Erfolg. Die Sehleistung verbessert sich nur vorübergehend und zuletzt mussten zwei Teams eingestehen, dass sich die Sehkraft ihrer Patienten teilweise bereits nach wenigen Monaten wieder verschlechterte.

Die LCA könnte von Anfang an ein ungünstiges Einsatzgebiet der Gentherapie gewesen sein, schreibt jetzt ein Team um Robert MacLaren vom John Radcliffe Hospital in Oxford. Bei der LCA setze die Degeneration der Netzhaus bereits in den ersten Lebensjahren ein und zum Zeitpunkt der Gentherapie sei die Retina bereits soweit geschädigt, dass keine dauerhafte Erholung mehr möglich sei.

Bei der Choroideremia ist die Ausgangssituation günstiger. Die Degeneration beginnt relativ spät und sie verläuft langsamer. Erstes Zeichen ist eine Nachtblindheit, die die meisten Patienten im ersten oder zweiten Lebensjahrzehnt bemerken. Später kommt es dann zu einer Einengung des peripheren Gesichtsfeldes, die von einem Ringskotom bis zum Verlust des zentralen Gesichtsfeldes fortschreitet.

Damit bleibt mehr Zeit für eine frühzeitige Gentherapie. Sie besteht in der Bereitstellung einer korrekten Version des CHM-Gens, dessen Defekt für die Choroideremia verant­wortlich ist. Das CHM-Gen, das sich auf dem X-Chromosom befindet, kodiert das Rab-„Escortprotein“ (REP)-1. Sein Ausfall ist verantwortlich für den allmählichen Untergang von Aderhaut (Choroidea), der später auf das Pigmentepithel und schließlich auf die Retina übergreift.

Das Team um Robert MacLaren vom Nuffield Laboratory of Ophthalmology an der Universität Oxford konnte bei seinen ersten Patienten das Fortschreiten der Degeneration offenbar stoppen und bei einigen die Sehstärke sogar verbessern. Die ersten sechs Behandlungen liegen mittlerweile mehr als dreieinhalb Jahre zurück. Bei vier der sechs Patienten ist die Sehstärke des behandelten Auges heute um bis zu 39 Buchstaben auf der Sehtafel besser als die Sehstärke des unbehandelten Auges.

Der fünfte Patient konnte den Ausgangswert halten, bei dem sechsten Patienten kam es zu einer Verschlechterung um 11 Buchstaben gegenüber dem unbehandelten Auge (das sich um 18 Buchstaben verschlechterte, was in der Summe eine Verschlechterung um 29 Buchstaben ergibt). Bei diesem Patienten konnte laut MacLaren nur eine verminderte Dosis des Virus appliziert werden.

Die Gentherapie der britischen Ophthalmologen ist technisch anspruchsvoll. Die Chirurgen lösten in der Operation zunächst die Netzhaut vom Hintergrund ab. Dann injizierten sie 0,1 Milliliter einer Lösung in den Zwischenraum. Die Lösung enthält etwa 10 Milliarden Viren, die dann die Gene an die Zielzellen abgeben sollten.

Die jetzigen Ergebnisse zeigen, dass die verwendete Technik erfolgreich ist und zumindest mittelfristig die Sehstärke der Patienten erhalten kann. Die Forscher hoffen nun, dass sie die Behandlung bei weiteren degenerativen Augenerkrankungen wie die Retinitis pigmentosa durchführen können, die ebenfalls relativ langsam voranschreiten. © rme/aerzteblatt.de

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