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Medizin

EMA: Neuer Beta-Lacta­mase-Inhibitor soll Cephalosporin verstärken

Montag, 2. Mai 2016

dpa

London – Avibactam, ein neuer Beta-Lactamase-Inhibitor mit breitem Spektrum, kann die Effektivität von Ceftazidim verbessern, einem Cephalosporin der dritten Generation. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat die Zulassung einer Ceftazidim-Avibactam-Kombination zur Behandlung von komplizierten intra-abdominellen Infektionen (cIAI), komplizierten Harnwegsinfektionen (cUTI) und im Krankenhaus erworbenen Pneumonien (HAP), insbesondere bei der Ventilator-assoziierten Pneumonie (VAP) bei Erwachsenen empfohlen. Die Europäische Kommission muss noch zustimmen.

Die starke Zunahme von antibiotikaresistenten schweren Infektionen – in Europa gibt es laut EMA jährlich 25.000 Todesfälle – hat die Bereitschaft der Arzneimittelagenturen gefördert, neue Medikamente bereits zuzulassen, bevor die Ergebnisse der maßgeblichen Phase III-Studien vorliegen. In den USA wurde die Ceftazidim-Avibactam Kombination Avycaz bereits im Februar letzten Jahres zugelassen.

Die FDA gründete ihre Entscheidung vor allem auf die Ergebnisse von in vitro-Untersuchungen und tierexperimentellen Studien bei cIAI und cUTI. Klinische Ergebnisse lagen damals nur aus zwei Phase II-Studien vor. Inzwischen gibt es Daten aus drei Phase-III-Studien zur Behandlung von cIAI, aus Phase II- und III-Studien zur Behandlung von cUTI und aus einer Phase I-Studie zur Behandlung von HAP/VAP, wie der Hersteller anlässlich der Empfehlung des CHMP mitteilt. Es wird allgemein angenommen, dass die Europäische Kommission noch in diesem Frühjahr die Zustimmung erteilt. Der Hersteller will Ceftazidim-Avibactam in Europa als Zavicefta einführen.

Die Ergebnisse aus zwei der drei Phase III-Studien zur cIAI (RECLAIM 1 und 2) wurden kürzlich in Clinical Infectious Diseases (2016; doi: 10.1093/cid/ciw133) veröffentlicht. Dort waren 1.066 Patienten mit cIAI auf eine Behandlung mit Ceftazidim-Avibactam plus Metronidazol oder mit Meropenem randomisiert worden. Wie John Mazuski von der Washington University School of Medicine in St. Louis und Mitarbeiter mitteilten, wurde eine klinische Heilung mit Ceftazidim-Avibactam plus Metronidazol bei 81,6 Prozent und mit Meropenem bei 85,1 Prozent der Patienten erzielt. Die neue Kombination erfüllte das Non-Inferioritätskriterium und darf deshalb als gleichwertige Therapie betrachtet werden.

Wichtig ist, dass Ceftazidim-Avibactam plus Metronidazol auch bei Infektionen mit Ceftazidim-resistenten Bakterien eine gleich gute Heilungsrate erzielte wie bei Ceftazidim-sensiblen Erregern. Dies bestätigt die guten Ergebnisse aus den in vitro-Studien. Avibactam ist demnach tatsächlich in der Lage eine Beta-Lactamase-Resistenz zu überwinden.

In die Entscheidung des CHMP sind auch die Ergebnisse einer weiteren Phase-III-Studie an Patienten mit Ceftazidim-resistenter cIAI oder cUTI einflossen. Diese letzte Studie (REPRISE) wurde kürzlich im Lancet Infectious Diseases (2016; doi: 10.1016/S1473-3099(16)30004-4) veröffentlicht. Yehuda Carmelo vom Sourasky Medical Center in Tel Aviv und Mitarbeiter hatten 333 Patienten auf eine Behandlung mit Ceftazidim-Avibactam oder der besten verfügbaren Therapie randomisiert, die in der Regel eine Monotherapie mit einem Carbapenem war. Eine klinische Heilung wurde in beiden Gruppen bei 91 Prozent der Patienten erreicht. 

Die häufigsten Nebenwirkungen von Ceftazidim-Avibactam sind laut FDA Übelkeit und Erbrechen, Obstipation und Ängstlichkeit. Bei Patienten mit eingeschränkter Nieren­funktion wurden auch eine verminderte Wirksamkeit sowie Krampfanfälle und andere neurologische Symptome beobachtet. Wegen der Cephalosporin-Komponenten kann es bei einer Penicillin-Allergie zu anaphylaktischen Reaktionen kommen.

Avibactam ist zwar nicht der erste Beta-Lactamase-Inhibitor. Die Idee, die Wirksamkeit von Antibiotika durch die Kombination mit einem Enzym zu verbessern, dass das für Resistenz verantwortliche Enzym hemmt, ist nicht neu. Mit Clavulansäure (meist in Kombination mit Amoxicillin), Sulbactam (meist mit Ampicillin kombiniert) und Tazobactam (meist mit Piperacillin kombiniert) stehen teilweise seit vielen Jahren ähnliche Kombinationen zur Verfügung.

Avibactam unterscheidet sich von ihnen durch ein breiteres Wirkungsspektrum. Während Tazobactam, Clavulanat und Sulbactam nur Beta-Lactamasen der Klasse A inhibieren, zeigt Avibactam auch eine Wirkung gegen Beta-Lactamasen der Klasse C und gegen einige Beta-Lactamasen der Klasse D. Avibactam inhibiert damit die Carbapenemase von Klebsiella pneumoniae und die AmpC-Beta-Lactamase vieler gram-negativer Bakterien. Gegen die New Delhi metallo-Beta-Lactamase 1 (NDM-1) ist Avibactam dagegen nicht wirksam. © rme/aerzteblatt.de

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