Ärzteschaft
Fachgesellschaft kritisiert Unterversorgung mit schonender Therapie bei Blasenkrebs
Montag, 2. Mai 2016
Berlin – Eine organerhaltende Operation in Kombination mit einer Radiochemotherapie ist auch bei muskelinvasivem Blasenkrebs eine Alternative zur kompletten operativen Entfernung der Harnblase. Diese schonende Therapie kommt laut der Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) in Deutschland aber zu selten zum Einsatz, obwohl Leitlinien dieses Vorgehen empfehlen.
In Deutschland erkranken jährlich knapp 16.000 Menschen an Blasenkrebs. Bei drei von vier Patienten beschränkt sich der Tumor auf die Schleimhaut. Diese Frühfälle haben gute Heilungsaussichten, denn Ärzte können diese Tumoren fast immer durch eine transurethrale Resektion entfernen.
Anders sieht es aus, wenn der Tumor größer und bereits in die Blasenwand eingedrungen ist: In der Regel entfernen die Ärzte dann die gesamte Blase, was die Lebensqualität der Patienten deutlich beeinträchtigt. Die Patienten erhalten eine Ersatzblase oder einen künstlichen Harnausgang.
„Blasenkrebs gehört zu den strahlenempfindlichen Tumoren, sodass ein Verzicht auf eine Radikaloperation möglich ist“, erläutert Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Kiel und Mitglied im DEGRO-Vorstand. Diese alternative Möglichkeit, den Tumor organerhaltend zu operieren und dann zu bestrahlen, werde in Deutschland aber noch zu selten genutzt.
„Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) hat jetzt Empfehlungen der European Association of Urology (EAU) übernommen und dabei ausdrücklich die organerhaltende Behandlung als eine wichtige Möglichkeit hervorgehoben, über die Patienten als Alternative zur Radikaloperation mit Blasenverlust informiert werden sollten“, berichtet Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim. „Durch die Kombination von organerhaltender Operation plus Radiochemotherapie können drei von vier Patienten ihre eigene Blase mit normaler Blasenfunktion behalten“, so Wenz.
Die Fachgesellschaft ist überzeugt, dass die organerhaltende Behandlung in Kombination mit Bestrahlung beim Blasenkrebs gleich gute Ergebnisse erzielt wie die radikale Operation. „Zwar sind beide Verfahren bisher nicht in sogenannten randomisierten Studien direkt miteinander verglichen worden. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass die Radikaloperation besser sein könnte“, erläutert Dunst. Gerade bei älteren Patienten mit hohem Operationsrisiko sei die Strahlentherapie die bessere Option. © hil/aerzteblatt.de

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