Medizin
Wie das Zikavirus Plazenta und Feten schädigt
Donnerstag, 12. Mai 2016
Sao Paulo/St. Louis – Zwei Forscherteams aus Brasilien und den USA ist es gelungen, Mäuse mit dem Zikavirus zu infizieren. Ihre in Nature (2016; doi:10.1038/nature18296) und Cell (2016; doi: 10.1016/j.cell.2016.05.008) vorgestellten Experimente räumen letzte Zweifel zur Teratogenität der Viren aus und dürften die Suche nach Medikamenten erleichtern.
Die Zika-Epidemie hat sich in den letzten Wochen weiter in Lateinamerika ausgebreitet. Die Weltgesundheitsorganisation zählt mittlerweile fast 1.300 Kinder, die infolge einer intrauterinen Infektion mit einer Mikrozephalie und/oder anderen Fehlbildungen des Zentralnervensystems geboren wurden. Dass das Virus, das seit etwa einem Jahr zuerst in Brasilien auftrat, sich inzwischen aber in fast allen Staaten Süd- und Mittelamerikas ausbreitet, tatsächlich für die Zunahme von Mikrozephalien verantwortlich ist, konnte in epidemiologischen Studien belegt werden. Es fehlten jedoch bislang Tiermodelle, in denen der Verlauf der Erkrankung nachgestellt und die Pathogenese näher untersucht werden kann.
Zikavirus und Mikrozephalie: Kausaler Zusammenhang belegt
Die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) halten die Beweise für ausreichend, die einen kausalen Zusammenhang zwischen pränataler Zikavirus-Infektion und Mikrozephalie sowie anderen schweren Hirn-anomalien herstellen [...]
Einem Team um Patricia Beltrao-Braga von der Universität Sao Paulo ist es jetzt gelungen, trächtige Mäuse mit einem Virus zu infizierten, das im letzten Jahr bei einem Patienten aus dem Bundesstaat Paraíba im Nordosten Brasiliens isoliert wurde. Die Viren infizierten die Feten und lösten eine intrauterine Wachstumsstörung aus. Im Gehirn wurden die Viren in den Vorläuferzellen der kortikalen Neurone nachgewiesen.
Die Infektion hatte die Bildung eines zellarmen Cortex von einer verminderten Ausdehnung zur Folge, was die Entwicklung der Mikrozephalie plausibel erklärt. Die Forscher konnten die Infektion der Vorläuferzellen auch in Zellkulturen und in sogenannten Organoiden nachstellen, kleinen „Minihirnen“, die im Labor aus Stammzellen gezüchtet werden. Auch hier kam es zu Schädigungen, die die Neurotropie des Virus erklären. Ein zweiter Mäusestamm konnte dagegen nicht mit dem Zika-Virus infiziert werden. Der Unterschied könnte laut Beltrao-Braga in einer robusten antiviralen Immunantwort dieser Tiere zu suchen sein.
Auch einem Team um Michael Diamond von der Washington University School of Medicine in St. Louis gelang es zunächst nicht, Mäuse mit dem Zikavirus zu infizieren. Erst als die Forscher das Immunsystem der Tiere teilweise lahm legten, konnten die Viren die Feten infizieren. Der erste Schritt scheint eine Infektion der Plazenta zu sein, in deren Zellen sich die Viren zunächst vermehren, bevor sie auf das Gehirn der Feten übergreifen. In diesem Modell kam es zu einem raschen Absterben der Feten. Dies wurde in einem zweiten Modell verhindert. Dieses Mal wurden die Versuchstiere mit einem Antikörper behandelt, der das Immunsystem nur zeitweise hemmt. Die Infektion der Feten wurde dadurch abgeschwächt, was die Untersuchung der Pathogenese erleichtert.
zum Thema
- Abstract der Studie in Nature
- Pressemitteilung der University of São Paulo
- Pressemitteilung der Universität von Kalifornien in San Diego
- PDF der Studie in Cell
- Pressemitteilung des National Institute of Allergy and Infectious Diseases
- Pressemitteilung der Washington University School of Medicine
- Pressemitteilung von Cell Press
- Situationsbericht der WHO vom 5. Mai
aerzteblatt.de
Beide Forschergruppen hoffen, dass die Tiermodelle die Entwicklung von Medikamenten beschleunigen. Die Tiere könnten auch genutzt werden, um Impfstoffe zu erproben. Dies würde die Sicherheit der klinischen Studien erhöhen. © rme/aerzteblatt.de

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