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Medizin

Gendermedizin: Lungenkrebs bei Frauen nimmt dramatisch zu

Freitag, 13. Mai 2016

dpa

Berlin - Männer erkranken häufiger als Frauen an Krebs und sterben früher daran. "Dabei spielen biologischen Faktoren, wie etwa der Hormonstatus eine wichtigere Rolle als kulturelle", so Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft beim Bundeskongress Gendermedizin am 12. Mai 2016 in Berlin. Das zeigen Daten von 2009 aus EUROCARE-4-Studie. Bei Männern ist Lungenkrebs mit einem Anteil von 25 Prozent mit Abstand die häufigste Krebstodesursache in Deutschland und mit 15 Prozent nach Brustkrebs die zweithäufigste bei Frauen. Der momentane Trend bei Frauen zeigt jedoch, dass sich diese Reihenfolge schon bald ändern wird.

„Wir sehen schon jetzt bei den Frauen einen dramatischen Anstieg, während die Sterberate bei den Männern aufgrund von Lungenkrebs rückläufig ist“, so Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Man könne davon ausgehen, dass Lungenkrebs Brustkrebs in Kürze einholen wird, prognostiziert Pötschke-Langer. In einigen europäischen Ländern wie Großbritannien und Polen ist Lungenkrebs schon jetzt die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen.

Die Ursache hierfür liege vor allem in der stabilen Raucherquote der Frauen im Alter von 25 bis 69 Jahren. Bei Männern und den Jüngeren sei diese hingegen rückläufig. Auch die Werbebranche hat sich Frauen als Zielgruppe ausgesucht und adressiert Werbung für Tabak, Zigaretten und E-Zigaretten gezielt an Frauen.

Genderaspekte noch zu wenig berücksichtigt
Nicht nur bei Lungenkrebs zeigen sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede bei Inzidenz und Prognose. Biologische und soziokulturelle Faktoren wirken sich bei vielen Krankheiten abhängig vom Geschlecht auf die Sicherheit, Diagnostik und die Therapie bei Männern und Frauen aus.

Spätfolgen von Arzneien bei Krebserkrankungen im Kindesalter werden jetzt sichtbar. Hier zeigt eine Studie aus dem Journal of clinical oncology deutliche Unterschied bei den betroffenen Organen zwischen Männern und Frauen. Forscher vermuten die Ursachen auch in der Pharmakokinteik und -dynamik, die bisher nicht genauer untersucht wurden. In der Praxis und in Leitlinien spielen Genderaspekte derzeit noch kaum eine Rolle. Positive Ausnahmen sind die Leitlinien zu koronaren Herzkrankheiten und zur Depression.

Im Juli 2013 hat die europäische Arzneimittelagentur EMA ihre Richtlinien zu onkologischen Wirkstoffen aktualisiert. „Sie enthalten keine geschlechtsspezifischen Informationen, auch nicht in Zusammenhang mit der Pharmakokinetik,“ kritisiert Ludwig. Im Kapitel „Gender“ sei lediglich vermerkt, dass es bei einigen Tumoren oder Therapien einen Unterschied in der antitumorösen Effektivität in Abhängigkeit des Geschlechts gäbe. Dies solle bei geplanten Studien berücksichtigt werden.

Ludwig hofft, dass Genderaspekte zukünftig besser untersucht und evidenzbasierte Ergebnisse in der Praxis angewendet werden. „Es ist eindeutig Aufgabe der regulatorischen Behörden, vorzugeben, inwieweit auch geschlechtsspezifische Unterschiede bei Arzneimittel in Studien geprüft werden müssen“, so Ludwig. Dazu zählen die Europäischen Gesundheitsbehörde (EMA) oder aber die Food and Drug Administration (FDA).

Auch die Kassenärztliche  Bundesvereinigung (KBV) möchte zur besseren Umsetzung von Genderaspekten in der Medizin beitragen. Sie haben dafür ein neues Modul zur geschlechtssensiblen Versorgung in ihre Qualitätszirkel aufgenommen, wie Franziska Diel von der KBV auf dem Kongress berichtete. Hier tauschen sich Ärzte und Psychotherapeuten aus, um ihre Behandlungspraxis weiterzuentwickeln.

© gie/aerzteblatt.de

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