Politik
Ärztliche Kritik am Pflegeberufsgesetz hält an
Freitag, 20. Mai 2016
Singen – Die ärztliche Kritik am Pflegeberufsgesetz reißt nicht ab. „Eine generalistische Ausbildung, die primär das Ziel der Sicherstellung der Altenpflege verfolgt, ist das falsche Signal, um die Attraktivität einer Ausbildung zu einem Pflegeberuf zu erhöhen“, betonte der Präsident des Verbandes Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands (VLKKD), Andreas Trotter, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. „Sollte das Pflegeberufsgesetz in der aktuellen Version umgesetzt werden, wird die pflegerische Versorgung der Kinder in Zukunft an Qualität verlieren.“ Gegen das Pflegeberufsgesetz sprechen sich unter anderem auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin aus.
Mit dem Gesetz wollen Union und SPD die heutige Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege zu einer generalistischen Pflegeausbildung zusammenführen. Das Kabinett hat dem Gesetzentwurf bereits zugestimmt, die erste Lesung vor dem Bundestag erfolgte im März. Vor der zweiten und dritten Lesung wird Ende Mai eine öffentliche Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages stattfinden.
Betten müssen wegen Pflegekräftemangels geschlossen werden
„Durch fehlende Anreize bei der Ausbildung wird sich die personalbedingte Schließung von pädiatrischen Betten weiter verschärfen“, befürchtet Trotter. Um einen Überblick über die Personalsituation an den Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland zu bekommen, hat der VLKKD eine Umfrage unter den Mitgliedern des Verbandes durchgeführt, an der sich 146 ärztliche Klinikleiter beteiligten.
38 Prozent der Befragten gab an, dass in ihrer Abteilung Betten geschlossen werden mussten, weil nicht genügend Personal zur Verfügung stand. Wo Betten geschlossen werden mussten, waren es in 46 Prozent der Fälle über fünf Betten, in neun Prozent sogar über 15 Betten. Bei der Frage, welche Berufsgruppe die personalbedingte Bettenschließung notwendig machte, gaben 95 Prozent der Befragten den Mangel an Pflegekräften an und neun Prozent einen Mangel an Ärzten. In fast allen Fällen gaben die Ärzte zu wenige Bewerbungen, fehlende Eignung von Bewerbern sowie Krankheitsausfälle als Ursachen für die Bettenschließungen an. Darüber hinaus wurden auch Betten für die Nachbesetzung gesperrt, weil sie vom Krankenhaus nicht mehr finanziert werden konnten.
Qualitätsvorgaben des G-BA verschärfen den Personalmangel
„Die Ergebnisse unserer Befragung machen deutlich, dass schon heute ein Mangel an qualifizierten Pflegekräften für die stationäre Versorgung von Kindern besteht, der bereits zu wiederholten Bettenschließung an den Kliniken für Kinder und Jugendliche geführt hat“, sagte Trotter. „Vermehrte Krankheitsausfälle durch Überlastung der Pflegekräfte sind nur ein Grund dafür.“
Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Strukturqualität in der pflegerischen Versorgung von Frühgeborenen, denen zufolge ab 2017 in einem Perinatalzentrum in jeder Schicht ein Krankenpfleger mit Fachweiterbildung im Bereich „Pädiatrische Intensivpflege“ vor Ort sein muss, ließen die Ansprüche an eine qualitativ hochwertige Ausbildung und die Realität auf dem Pflegeberufsmarkt weiter auseinanderklaffen. Werde das Pflegeberufsgesetz tatsächlich wie geplant umgesetzt werden, würden sich die Versorgungsprobleme an den Kinderkliniken weiter verschärfen. © fos/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.