Politik
Marburger Bund beschließt Geschlechterquote für den Bundesvorstand
Sonntag, 22. Mai 2016
Hamburg – Eine Geschlechterquote für den Bundesvorstand hat der Marburger Bund (MB) heute in Hamburg beschlossen. Dem MB-Vorstand müssen künftig mindestens jeweils drei Frauen und drei Männer angehören, außerdem wird er von sieben auf neun Mitglieder erweitert. Für die erforderliche Satzungsänderung war eine zwei Drittel Mehrheit (139 Stimmen) notwendig. Nach einer langen und leidenschaftlich geführten Debatte stimmten schließlich 144 Mitglieder für den Antrag des MB-Vorstands, 51 votierten dagegen.
„Der Marburger Bund hat heute mit der Geschlechterquote einen wegweisenden Beschluss gefasst, der über den Bundesvorstand hinausreicht und vor allem dazu dienen soll, alle Mitglieder zur Mitarbeit in den Gremien zu motivieren“, kommentierte der 1. Vorsitzende des MB, Rudolf Henke, das Ergebnis. „Ich bin sicher, dass wir damit auch ein starkes Signal in die ärztliche Selbstverwaltung senden.“
Quoten sind ein völlig veraltetes Instrument
Zuvor hatten die Delegierten heftig darüber diskutiert, ob es in der Satzung künftig heißen soll, dass dem Vorstand mindestens drei Frauen und drei Männer angehören müssen oder ob sie das sollen. Offenbar trieb manche Mitglieder die Sorge um, es könnten sich nicht genügend willige Kandidatinnen für die Vorstandsarbeit finden lassen. „Es gibt eine Differenz zwischen der Mitgliederstruktur und der Bereitschaft, sich in Funktionen zu engagieren“, gab Elke Bukisch-Urbanke zu bedenken. Das liege nicht zuletzt am Zeitaufwand für die Gremienarbeit. Bukisch-Urbanke wies zugleich auf grundlegende Strukturprobleme bei der Repräsentanz der Mitglieder hin. „Die lösen wir nicht durch eine Frauenquote“, sagte sie. Detlef Schmitz lehnte eine Geschlechterquote als „völlig veraltetes Instrument“ rundweg ab. „Das haben wir nicht nötig“, meinte er.
Auch Anne Bunte argumentierte leidenschaftlich gegen eine Quotenregelung. „Wir gewinnen Leute nicht durch Quoten. Man muss sie für die Arbeit begeistern“, sagte die Leiterin des Kölner Gesundheitsamtes. Hans-Albert Gehle, der im Vorfeld der MB-Hauptversammlung für eine Soll-Regelung geworben hatte und dafür viel Kritik einstecken musste, bekräftigte seinen Standpunkt. „Wir sind uns einig, dass sich etwas ändern muss“, so Gehle. „Wenn wir aber eine Quote beschließen, ohne ein Programm, dass dieser hinterlegt ist, bringt uns das nicht weiter.“
Nur eine „Muss-Regelung“ führt dazu, dass man sich um geeignete Kolleginnen bemüht
Die Befürworter einer Quote hielten manche Argumente der Gegner für vorgeschoben. Manchmal bemäntelten ins Feld geführte juristische Bedenken gegen eine verbindliche Geschlechterquote nur die Angst der Amtsinhaber vor einem Machtverlust, erklärte Jörg Zimmermann. Sie sei früher auch eine Gegnerin von Quotenregelungen gewesen, sagte Christiane Groß. „Jetzt bin ich dafür.“ In Nordrhein-Westfalen gebe es seit Jahren eine Soll-Regelung, die dafür sorgen sollte, dass mehr Frauen den ärztlichen Gremien angehören. Doch nichts habe sich verändert, kritisierte die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes.
Nur eine „Muss-Regelung“ führe dazu, dass man sich wirklich um geeigneten Nachwuchs bemühe. Wenn man eine Vorgabe umsetzen müsse, müsse man ganz anders auf Kolleginnen zugehen, um sie für die Gremienarbeit zu motivieren, ergänzte Heidrun Gitter: „Wir wollen mit der Satzungsänderung die Realität in der Medizin abbilden.“
Doch bewirkt eine Quote womöglich, dass auch unqualifizierte Frauen in Ämter kommen? „Das ist Quatsch“, erklärte Lars Bodammer. Es gebe viel zu wenige Frauen in den Gremien, weil man sie nie systematisch unterstützt habe. „Wir haben uns nicht bemüht, weil es keine Quote gibt“, so Bodammer. Auf den Punkt brachte die Debatte Anita Yusefpur: „Wir leben im 21. Jahrhundert. Wir müssen die Gleichberechtigung vorantreiben.“ Dass sich die Befürworter der Geschlechterquote schließlich mit deutlicher Mehrheit durchsetzten, sorgte bei den MB-Mitgliedern für lang anhaltenden Applaus. © HK/aerzteblatt.de

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