Politik
Jeder dritte AOK-Versicherte ist ein Kandidat für den Medikationsplan
Montag, 23. Mai 2016
Berlin – Der sogenannte Medikationsplan, der ab Oktober dieses Jahres allen Versicherten zur Verfügung stehen soll, die mindestens drei verordnete Medikamente gleichzeitig anwenden, ist ein Projekt für viele Millionen Patienten. Laut einer Schätzung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido) werden rund 30 Prozent der AOK-Versicherten Anspruch auf den Plan haben – das sind allein bei dieser Kassenart rund 7,5 Millionen Menschen. Bei den über 75-Jährigen werden sogar drei von vier AOK-Versicherte Anspruch auf den Medikationsplan haben, schätzen die Wido-Wissenschaftler.
Der Plan soll künftig die Verordnungen aller Ärzte eines Patienten sowie die Selbstmedikation einheitlich erfassen. Dazu enthält er Angaben über Wirkstoff, Handelsname, Stärke, Darreichungsform und Dosierung sowie mögliche Hinweise zur Anwendung. In der Regel soll der Hausarzt den Plan ausstellen und betreuen. Aber auch mitbehandelnde Ärzte können ihn aktualisieren. Apotheker sollen den Medikationsplan auf Wunsch des Patienten ergänzen, zum Beispiel mit Präparaten der Selbstmedikation.
„Für die Patienten bringt der Medikationsplan mehr Sicherheit, da er alle wichtigen Informationen zur Art und Anwendung der Medikamente enthält“, sagte Regina Feldmann, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Bei der Diskussion um das E-Health-Gesetz hatte die KBV allerdings gefordert, den Plan erst ab einer Grenze von fünf dauerhaft eingenommenen Arzneimitteln vorzusehen. Sie hat außerdem darauf hingewiesen, dass ein solcher Service eine technische Umsetzung in den Softwaresystemen der Praxen erfordert. Diese müssen dafür höhere Lizenzgebühren für die Softwareunternehmen aufwenden. Eine angemessene Honorierung für die Praxen muss nach Ansicht der KBV die Mehrarbeit und den Kostenaufwand auf Seiten der Ärzte angemessen ausgleichen.
Kritik an den gesetzlichen Vorgaben zum Medikationsplan übte jetzt der Präsident der Bundesapothekerkammer, Andreas Kiefer. „Ein Medikationsplan in Papierform alleine verbessert die Arzneimitteltherapiesicherheit nicht und kann nur ein erster Schritt sein“, sagte er. Wichtig seien eine gründliche Medikationsanalyse zu Beginn und danach eine kontinuierliche Betreuung der Arzneimitteltherapie des Patienten, bei der die Apotheker deutlich intensiver beteiligt werden sollten. Andernfalls entstehe „nur noch mehr Bürokratie ohne Nutzwert für den Patienten“, so Kiefer.
Der Medikationsplan ist Teil des „Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“, kurz „E-Health-Gesetz“. Es ist im Dezember 2015 in Kraft getreten und macht deutlich, wie die elektronische Kommunikation im Gesundheitswesen künftig ablaufen soll. © hil/aerzteblatt.de

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