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Ärzteschaft

GOÄ-Novelle: Montgomery warnt vor überzogenen Erwartungen

Dienstag, 24. Mai 2016

Frank Ulrich Montgomery auf der Eröffnungsveranstaltung des Ärztetages 2016. /Jürgen Gebhardt

Hamburg – Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) hat Fehler bei der Novellierung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) eingeräumt, zugleich aber manchen Kritikern der bisherigen Verhandlungsergebnisse überzogene Erwartungen unterstellt. „Wir alle – und da schließe ich mich selbst ausdrücklich mit ein – haben die Komplexität dieses Prozesses unterschätzt“, sagte Frank Ulrich Montgomery heute bei der Eröffnung des 119. Deutschen Ärztetages in Hamburg. „Wir hätten uns früher und intensiver um die Details und ihre Wechselwirkungen zur grundlegenden Struktur kümmern müssen. Ich muss mich persönlich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, wir hätten den Prozess zu lange nur begleitet, statt einzugreifen.“

Nach einem mehrjährigen Diskussionsprozess und einem informativen Sonderärztetag habe der BÄK-Vorstand auf seiner Sitzung im März festgestellt, dass es „ganz erhebliche Inkongruenzen“ zwischen dem vorgelegten Zwischenstand eines bewerteten Leistungsverzeichnisses der neuen GOÄ und den Vorstellungen und Erwartungen des Vorstandes gegeben habe. „Kolleginnen und Kollegen, was hätten wir da anderes tun können, als diesen Zwischenstand wegen der ganz offensichtlichen Inkongruenzen einstimmig zurückzuweisen?“, fragte er die Zuhörer in der Hamburger Laeiszhalle.  

Montgomery kritisiert Debattenstil
Es gebe durchaus Grund zur Kritik, räumte Montgomery ein. Zum Debattenstil aber „möchte man einigen zurufen: Habt Ihr's nicht auch 'ne Nummer kleiner?“ Auch inhaltlich zeigte sich Montgomery mit mancher vorgebrachten Kritik nicht einverstanden: „Einfach nur einen Inflationsausgleich ohne Anpassung der GOÄ-Legendierungen von 30, ja bis zu 70 Prozent zu fordern, ist zwar schnell gesagt und findet auch schnell Anhänger. Übersehen wir aber bitte nicht: Etwa 40 Prozent der GOÄ-Rechnungen sind Beihilfen des Bundes und der Länder. Sie werden also direkt aus deren Haushalten erstattet.“ Ohne eine Zustimmung des Bundesrates, ohne Berücksichtigung der Länderhaushalte und der Finanzierungsreserven unter der ab 2020 greifenden Schuldenbremse gehe es deshalb nicht.

„Was geht, ist eine modernisierte, rechtssichere, anpassungsfähige und zukunftsorientierte neue GOÄ, der auch der Bundesrat zustimmen kann“, betonte Montgomery. „Und für die – und nur für die – steht ein Angebot von 5,8 Prozent mehr im Raum. Alle anderen Optionen würden auf dieses Plus verzichten – das muss man wissen, und dann auch verantworten.“

Gröhe: Nicht denen das Geschäft erleichtern, denen die ganze Debatte nicht passt
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bezweifelte in seiner Rede, dass es allen Kritikern der GOÄ-Novellierung wirklich um die Sache geht. „Ich werbe dafür, dass nicht unnötiger, auch öffentlich ausgetragener Streit oder Misstrauensbekundungen an die eigenen Verhandlungsführer denen das Geschäft erleichtern, denen die ganze GOÄ-Debatte nicht passt“, sagte er unter dem Applaus der Zuhörer. Zugleich wiederholte er seine Erklärung, die er auf den Eröffnungsfeiern der beiden vorangegangenen Ärztetage gegeben hatte: „Ich halte eine Überarbeitung der GOÄ für überfällig.“ Dabei gehe es nicht nur um finanzielle Mehrforderungen, sondern auch darum, dass den Analogabrechnungen endlich eine bessere und dann auch weiterentwicklungsfähige Systematik folge.

Gröhe sieht das Gesamtziel einer erneuerten GOÄ durch die aktuellen Entwicklungen nicht in Gefahr. „Führen Sie die Weichenstellungen, die Sie auf dem Sonderärztetag und im Vorstand der BÄK vorgenommen haben, jetzt so zu einem Ergebnis, dass Sie uns damit unter Zugzwang setzen“, sagte der Minister. Die Politik wolle die Novellierung der GOÄ dabei nach wie vor auf der Basis eines gemeinsamen Vorschlags von Ärzteschaft, PKV und Beihilfe vornehmen. Einen Seitenhieb führte er gegen den Koalitionspartner SPD aus: „Ich halte nichts davon, wenn in der Politik die Debatte um die GOÄ mit Sozialneiddebatten unsachlich verkürzt wird. Das ist der Sache nicht angemessen.“    

Montgomery: „Die Diskussion mit den Berufs- und Fachverbänden hat begonnen“
BÄK-Präsident Montgomery erklärte, wie es bei der GOÄ-Novellierung nun weitergeht: „Ich selbst habe die politische Verhandlungsführung übernommen. Dr. Klaus Reinhardt hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, den Vorsitz im Gebührenordnungsausschuss zu übernehmen und damit die technische Verhandlungsführung zu leiten. Gemeinsam werden wir jetzt den Abstimmungsprozess der Leistungslegenden mit den Berufs- und Fachverbänden unter Beteiligung von Vertretern der Kostenträger und des Bundesministeriums für Gesundheit durchführen.“

Es sei eine „Lenkungsgruppe GOÄ“ gegründet worden, die den Steuerungsprozess der Fortentwicklung koordiniere und prüfe. Auch sie leitet Montgomery. Darüber hinaus sei die Personalstärke des Gebührenordnungsdezernats erhöht worden, so der BÄK-Präsident. „Mit mehr eigenen Mitarbeitern allein aber wird man die Probleme nicht lösen können. Es geht immer auch um die Grunddaten. Wir haben uns deswegen externen Sachverstandes versichert.“ Und die Finanzkommission der BÄK habe das Finanzierungskonzept für diese Aufgaben bereits genehmigt. „Wir haben seit dem 16. April einen abgestimmten Text der Leistungslegenden. Die Diskussionen auf der Sachebene mit den Berufs- und Fachverbänden haben bereits begonnen. Ich konnte mich selbst von einem sehr erfolgreichen, konstruktiven Verlauf der ersten Anhörung überzeugen“, sagte Montgomery. © fos/aerzteblatt.de

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