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US-Wissenschaftler wollen Humangenom synthetisch herstellen

Freitag, 3. Juni 2016

Washington – Eine Gruppe von US-Forschern plant ein gigantisches Projekt: Sie wollen ein künstliches menschliches Genom erschaffen. Die 25 Wissenschaftler stellen in Aussicht, dass sich mit der synthetischen Herstellung des menschlichen Erbguts große Fortschritte unter anderem in der Transplantationsmedizin und der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen erzielen ließen. Dass sie einen künstlichen Menschen erzeugen wollten, streiten sie ab.

Im Rahmen des Projekts „Human Genome Project-Write“ (HGP-write) sollen die rund drei Milliarden sogenannten Basenpaare des menschlichen Genoms aus ihren chemischen Komponenten hergestellt und in lebende Zellen eingepflanzt werden, berichtet das Fachmagazin Science (DOI 10.1126/science.aag0588​) in seiner aktuellen Ausgabe. Dies werde es ermöglichen, große Teile der menschlichen DNA zu stark reduzierten Kosten zu erzeugen.

Ein Treffen hunderter Wissenschaftler zu dem Projekt hinter verschlossenen Türen im Mai an der Harvard Medical School in Boston hatte viele Spekulationen ausgelöst. So wurde gemutmaßt, es solle ein künstliches Baby erschaffen werden. Die Forscher wiesen dies zurück und versicherten, dass sie die Öffentlichkeit in die Debatte über die ethischen, juristischen und gesellschaftlichen Aspekte des Projekts einbeziehen wollen.

Als Ziele nannten sie, künstliche menschliche Organe für Transplantationen zu erzeugen sowie Zelllinien, die gegen Viren und Krebs resistent seien. „Es wird außerdem möglich sein, die Produktion von Impfstoffen erheblich zu beschleunigen“, sagten die Forscher voraus. Auch könnten synthetische menschliche Zellen und Organe für die Entwicklung von Medikamenten verwendet werden.

Die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts war 2003 im Rahmen des soge­nannten Humangenom-Projekts abgeschlossen worden. Durch die künstliche Herstellung des Humangenoms würden die bisherigen Erkenntnisse über das menschliche Erbgut dem Praxistest unterzogen, sagte der Spezialist für Chromosombiologie, Torsten Waldminghaus, von der Philipps-Universität Marburg, der selbst nicht an HGP-write beteiligt ist.

Wissenschaftlern ist es bereits gelungen, die Genome von Viren und Bakterien künstlich herzustellen. Zu den an HGP-write beteiligten Forschern gehört Jef Boeke, Direktor des Instituts für Systemgenetik an der New York University. Er leitet ein internationales Projekt zur künstlichen Herstellung des Genoms von Hefe, die zwölf Millionen Basenpaare hat. Bei erfolgreichem Abschluss des Hefe-Projekts wäre dies das bislang größte synthetische Genom.

Für die Schaffung eines synthetischen Humangenoms wollen die Wissenschaftler dieses Jahr rund hundert Millionen Dollar (knapp 90 Millionen Euro) bei privaten und staatlichen Organisationen einwerben. Sie machten keine Angaben dazu, wieviel das Projekt letztlich insgesamt kosten würde. Nach Schätzungen anderer Experten könnten sich die Kosten auf mehr als eine Milliarde Dollar belaufen.

Andere Wissenschaftler zeigten sich wegen der ethischen Dimensionen beunruhigt. „Vor dem Start eines Projekts mit derartig enormen ethischen und theologischen Dimensionen ist es notwendig, zuerst die fundamentalen Fragen zu stellen“, kritisierten der Bio-Ingenieur Drew Endy und die Religionsprofessorin Laurie Zoloth laut New York Times. Es müsse zunächst geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen solche Technologien in die Realität umgesetzt werden sollten. © afp/aerzteblatt.de

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