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Ausland

EU-Staaten uneins über Verlängerung von Glyphosat-Zulassung

Montag, 6. Juni 2016

/Tilo Grellmann, fotolia.de

Brüssel/Berlin – Die EU-Länder haben sich vorerst nicht auf eine Verlängerung der Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat in Europa geeinigt. Bei einer Abstimmung unter Ver­tretern der Staaten am Montag in Brüssel fehlte dafür die nötige Mehrheit, wie EU-Diplo­maten bestätigten.

Zwar hätten 20 Staaten für eine Verlängerung der Zulassung um bis zu 18 Monate gestimmt, wie sie die EU-Kommission in Erwartung einer Stellung­nahme der EU-Chemikalienagentur Echa vorgeschlagen hatte. Doch reichte die zustan­dege­kommene Mehrheit nach den Abstimmungsregeln nicht aus. Malta stimmte als einziges Land dagegen. Neben Deutschland enthielten sich nach übereinstimmenden Angaben von Diplomaten Griechenland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich und Portugal.

Nun soll ein Vermittlungsausschuss angerufen werden. Falls dieses Treffen wiederum ohne Ergebnis bleibt, entscheidet die EU-Kommission. Die Behörde ließ Fragen nach dem weiteren Verfahren unter Verweis auf eine Sitzung der EU-Kommissare am Dienstag unbeantwortet.

Die Bundesregierung ist in der Frage gespalten. Das Landwirt­schaftsministerium tritt für eine großzügige Zulassung des Stoffes ein. „Ich bedauere, dass wir uns trotz wissen­schaftlicher Expertise der Beliebigkeit in der Politik opfern“, sagte Bundesland­wirtschafts­minister Christian Schmidt (CSU) am Montag in München. „Es schadet der Landwirt­schaft, wenn sie keine Planbarkeit hat.“ Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Unionsparteien wollen, dass Glyphosat weiter zum Einsatz kommt.

Die SPD-Minister sowie die SPD-geführten Umwelt- und Wirtschaftsministerien lehnen dies bis auf Weiteres ab und verweisen auf mögliche Gesundheits­gefahren. „Viele Mitgliedstaaten möchten erst die Frage der Krebsrisiken geklärt sehen, bevor Glyphosat weiter auf unseren Äckern eingesetzt werden kann“, erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).

Enthaltung Deutchslands "peinlich"
Der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP – Christdemokraten) Peter Liese nannte die Enthaltung der Bundesregierung „peinlich“. „Deutschland als größter Mitgliedstaat könnte einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Streites in Europa leisten“, sagte Liese. Er verwies darauf, dass sich die SPD im Europäischen Parlament für eine zeitlich begrenzte Zulassung unter strengen Auflagen ausgesprochen habe. Die Mehrheitsposition des Europäischen Parlaments, die von den Christdemokraten vorgeschlagen, aber von den Sozialdemo­kraten mit unter­stützt wurde, sehe zum Beispiel vor, dass die Behandlung vor der Ernte, sogenannte Sikkation, auf wirkliche Notfälle eingeschränkt wird.

„Ich halte es für unverantwortlich, dass, nur um die Arbeit der Erntemaschinen zu erleichtern, kurz vor der Ernte Glyphosat aufgebracht wird, um die Kulturpflanze abzu­töten“, so Liese. Dies sei in Deutschland bereits seit einigen Jahren verboten. Warum Deutschland diesen Vorschlag auf europäischer Ebene nicht einbringe, sei ihm „unbe­greiflich“. Glyphosat sei „ein problematischer Stoff und man sollte ihn nur unter strengen Auflagen einsetzen und die bisherigen Vorschläge der Europäischen Kommission waren nicht streng genug“, sagte er.

Sofortiges Verbot unrealistisch
Liese gibt aber auch zu bedenken, dass auf der anderen Seite ein sofortiges Verbot, und dies sei die Konsequenz der bundesdeutschen SPD-Position, nicht realistisch ist. „Man kann nicht ganz Europa zum 30. Juni auf Bio-Anbau umstellen“, so der Arzt und Europa­abgeordnete.

Der Naturschutzbund (Nabu) Deutschland forderte die EU-Kommission auf, statt des „traurigen Genehmigungspokers“ eine Agrar­wende einzuleiten, „um unsere Natur und damit unsere Lebensgrundlagen dauerhaft zu schützen“. Greenpeace-Landwirtschafts­expertin Christiane Huxdorff verlangte, die Bundesre­gierung müsse nun beweisen, „dass es ihr mit dem Vorsorgeprinzip ernst ist (...) und ein nationales Verbot für Glyphosat beschließen“.

Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Die Substanz ist das zurzeit am häufigsten eingesetzte Pflanzenschutz­mittel in der EU. In Deutschland kommt Glyphosat auf rund 40 Prozent der Felder zum Einsatz. Die geltende Zulassung des Pestizids läuft am 30. Juni aus. © may/dpa/aerzteblatt.de

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