Vermischtes
Bundesgerichtshof bestätigt Totschlags-Urteil gegen Ärztin und Hebamme
Freitag, 10. Juni 2016
Karlsruhe – Nach dem Tod eines Neugeborenen muss eine Ärztin und Hebamme sechs Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Mit einem am Freitag bekanntgegebenen Beschluss bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein entsprechendes Urteil wegen Totschlags durch Unterlassen (Az: 4 StR 428/15). Danach hat die heute 62-Jährige in beiden Berufen zudem lebenslanges Berufsverbot.
Eine Verurteilung wegen Totschlags statt nur wegen fahrlässiger Tötung ist ungewöhnlich. Das Landgericht Dortmund und in der Folge nun auch der BGH gingen hier aber davon aus, dass die Ärztin den Tod des Babys billigend in Kauf genommen habe.
Sie galt als sehr erfahren und begleitete „natürliche Geburten“ zuhause oder in ihrer Praxis auch bei schwieriger Ausgangslage. So empfehlen die einschlägigen Leitlinien bei Beckenlage des Embryos eine Krankenhausentbindung, damit gegebenenfalls rasch auch ein Kaiserschnitt erfolgen kann. Hier waren die Eltern extra aus Lettland nach Unna angereist, um dennoch eine natürliche Geburt zu ermöglichen.
Die Wehen hatten dann am frühen Morgen eingesetzt. Erst zwölf Stunden später, nachdem auch die Fruchtblase geplatzt war, kam die Ärztin. Doch die Geburt verzögerte sich und kam zum Stillstand. Zwei Mal kam „Kindspech“ (Kot des Embryos) aus dem Geburtskanal. Erst nach insgesamt 18 Stunden kam das später als Greta benannte Mädchen zur Welt und starb kurz darauf.
Dem medizinischen Gutachten zufolge hätte das Mädchen noch gesund per Kaiserschnitt geboren werden können, wenn die Mutter vier Stunden zuvor in ein Krankenhaus verlegt worden wäre. Selbst anderthalb Stunden vorher hätte das Kind noch überlebt, allerdings mit bleibenden Schäden.
Nach der nun vom BGH bestätigten Überzeugung des Landgerichts Dortmund wusste die erfahrene Ärztin, dass das Kind unter Sauerstoffmangel litt. Dennoch habe sie unbeirrt an der „natürlichen“ Geburt im Hotelzimmer festgehalten. Daher sei die Schwelle von der „bewussten Fahrlässigkeit“ zum „Totschlag durch Unterlassen“ überschritten.
Nach dem nun rechtskräftigen Dortmunder Urteil vom 1. Oktober 2014 muss die Ärztin zudem erhebliche Schadenersatz- und Schmerzensgeldzahlungen an die Eltern leisten. © afp/aerzteblatt.de

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