Medizin
Höchstleistungen im Spitzensport weniger abhängig vom Training als angenommen
Montag, 13. Juni 2016
Cleveland – Ob ein Sportler in seiner Karriere Spitzenleistung erbringt, scheint weniger vom gezielten Training („deliberate practice“) des Athleten abzuhängen. Diese These stellt eine Arbeitsgruppe um Brooke Macnamara an der Case Western Reserve University auf. Sie berichten über entsprechende Ergebnisse in Perspectives on Psychological Science (2016; doi: 10.1177/1745691616635591).
Je nach Sportart müssen Athleten verschiedene Qualitäten ihrer Kondition trainieren. Faktoren wie Ausdauer, Maximalkraft, Schnellkraft, Beweglichkeit und Koordination werden im modernen Spitzensport durch spezielle Trainingsmethoden gefördert. Dennoch braucht es für eine gute Leistung auch mentale Stärke, körperliche Vorteile und unbekannte genetische Faktoren. Anfang der Neunziger behauptete der schwedische Psychologe Anders Ericsson an der Florida State University, dass mit 10.000 Stunden Training nahezu jeder zum Elite-Athleten werden könne. Demnach sei für die Leistung vor allem ein hartes und ausdauerndes Training ausschlaggebend.
In ihrer Studie analysierten die Forscher 52 Daten-Sets, welche den Zusammenhang zwischen Leistung und gezieltem Training untersuchten. In ihrer Auswertung stellten die Forscher fest, dass das Training nur etwa 18 Prozent der sportlichen Leistung ausmachte. 82 Prozent gingen auf das Konto anderer Qualitäten des Sportlers. Unter den Elite-Athleten erklärte das gezielte Training nur noch einen Prozent der Leistungsunterschiede.
zum Thema
Deutsches Ärzteblatt print
aerzteblatt.de
Einen weiteren Faktor, welchen die Forscher untersuchten, war das Alter in dem die Sportler mit dem Training begannen. Zunächst lag der Schluss nahe, dass ein früher Einstieg ins Training von Vorteil ist. Die Wissenschaftler stellten jedoch fest, dass die spätere sportliche Leistung nicht vom Alter abhing. Viel mehr waren Athleten, die später Spitzenleistungen erbrachten, oft etwas später ins Training eingestiegen.
Die Forscher vermuten, dass genetische, körperliche und persönliche Faktoren für die Leistung von Sportlern ausschlaggebend sind. Weniger talentierte Sportler könnten demnach ihre Nachteile kaum durch ausdauerndes Training kompensieren. Ein später Einstieg ins Training für eine Sportart könnte zudem Vorteile bringen, da ältere Athleten Trainingsgrundlagen leichter erlernten und durch ihre Erfahrung besser vor Verletzungen geschützt seien, mutmaßen die Wissenschaftler. © hil/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.