Politik
Rabattverträge: AOK wehrt sich vergeblich gegen Dumpingpreise
Montag, 13. Juni 2016
Köln – Die AOK muss bei der Ausschreibung eines Rabattvertrags das Angebot eines Pharmaunternehmens berücksichtigen, obwohl dieses Dumpingpreise anbietet. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am vergangenen Mittwoch entschieden. Die Urteilsgründe sind noch nicht veröffentlicht. Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung des Bundeskartellamts (Az.: VK2 – 107/15).
Im vorliegenden Fall hatte sich der Generikahersteller Mibe an der Ausschreibung für Kontrazeptiva beteiligt und das eigene Präparat ganz erheblich unterhalb des Marktpreises und der Preise der anderen Bieter angeboten. Das Unternehmen räumte zwar ein, dass das Angebot nicht kostendeckend sei. Der Verlust bei den Verordnungen zulasten der AOK werde aber dadurch kompensiert, dass sich die Marktstellung bei den Selbstzahlerinnen verbessere, die den vollen Listenpreis bezahlen müssten.
Denn die Pille wird nur bis zum vollendeten 19. Lebensjahr von den Krankenkassen erstattet. Aufgrund dieser Preisstrategie schloss die AOK Mibe von der Ausschreibung aus. Die Kasse vermutete Marktverdrängungsabsichten und zweifelte an der langfristigen Lieferfähigkeit des Unternehmens. Dagegen klagte Mibe vor dem Bundeskartellamt.
Hersteller verfolgt keine „Marktverdrängungsabsicht“
Dieses kam zu dem Schluss, dass die AOK Mibe zu Unrecht von der Ausschreibung ausgeschlossen hat. Das Angebot des Generikaherstellers sei zwar „unauskömmlich“, aber nicht in Marktverdrängungsabsicht abgegeben worden. Denn Mibe verfüge nur über einen Marktanteil von drei Prozent. Selbst wenn es dem Unternehmen gelingen sollte, diesen zu steigern, werde es nicht in der Lage sein, andere Wettbewerber vom Markt zu verdrängen.
„Das Bestreben eines Unternehmens, auf einem bislang nicht zugänglichen Markt mit einem Angebot Fuß zu fassen, ist von der Rechtsprechung als wettbewerbskonformes Ziel anerkannt“, heißt es in der Entscheidung des Bundeskartellamts. Außerdem sei aufgrund der Geschäftsergebnisse nicht zu erwarten, dass das Unternehmen seinen Lieferverpflichtungen nicht nachkommen werde. Das OLG schloss sich dem an.
Mit „völligem Unverständnis“ reagierte die AOK Baden-Württemberg auf das OLG-Urteil. Sie ist für das Rabattvertragsgeschäft sämtlicher AOKen zuständig. „Mit dieser Entscheidung legitimiert das OLG Preisdumping“, erklärte deren Vorstandsvorsitzender Christopher Hermann. „Hier hat wohl niemand ausreichend realisiert, dass das Unternehmen mit dieser Null-Strategie vorhat, Wettbewerber in diesem Segment auszuschalten. Später kann es dann kassieren“, warnte er. Die OLG-Entscheidung heble zudem die vergaberechtlich verankerte Auskömmlichkeitsprüfung der Angebote aus. Dabei sei es vielmehr notwendig, diese Prüfungen zu stärken. © HK/aerzteblatt.de

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