Politik
Fachgesellschaft kritisiert Verschleppung ihrer Petition zum Bundeskinderbeauftragten
Montag, 13. Juni 2016
Berlin – Ein Jahr nach der öffentlichen Anhörung zur Einsetzung eines „Bundeskinderbeauftragten“ hat die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) einen offenen Brief an die Mitglieder des Deutschen Bundestages geschrieben. „Bislang ist die von mir eingegebene Petition noch nicht abschließend behandelt worden und leider gibt es auch noch keine Pläne, einen eigenen Beauftragten für Kinder und Jugendliche im Bundestag einzusetzen“, schreibt der Generalsekretär der DAKJ, Manfred Gahr. Viele aktuelle Beispiele zeigten aber, dass ein Bundeskinderbeauftragter „dringlicher denn je“ sei.
Der DAKJ-Generalsekretär verweist in dem Brief unter anderem auf die Chancenungleichheit von Kindern und Jugendlichen in prekären Lebenslagen und den Umgang mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Außerdem kritisiert Gahr den Umgang mit Menschen, die als Minderjährige missbraucht wurden. Er weist darauf hin, dass Bund und Länder je 50 Millionen Euro in den Hilfsfonds für Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs einzahlen sollen.
Aber 14 Bundesländer lehnten eine finanzielle Beteiligung weiter ab. Dem Fonds drohten Finanzierungsprobleme, weil er im Augenblick nur auf die 50 Millionen Euro des Bundes sowie die Zahlungen von zwei Bundesländern – Mecklenburg-Vorpommern und Bayern – zurückgreifen könne. „Auch hieran sieht man wieder einmal exemplarisch, dass Verantwortung wie oft auf die jeweils andere vermeintlich zuständige Ebene geschoben wird, statt diese zu übernehmen“, so Gahr.
Die am 15. Juni 2015 eingebrachte Petition der DAKJ hatte zum Ablauf der Zeichnungsfrist 115.660 Unterstützer und ist damit eine der erfolgreichsten Petitionen des Deutschen Bundestages. Nach den Vorstellungen des DAKJ soll der Kinderbeauftragte Gesetze und Entscheidungen daraufhin überprüfen, „ob sie den Rechten unserer Kinder und Jugendlichen entsprechen“. Zugleich soll er Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen, deren Eltern und für Kinderrechtsvertreter sein. Schließlich solle der Kinderbeauftragte auf eigene Initiative hin tätig werden, „wenn Kinderrechte verletzt sein könnten“, heißt es in der Petition.
Während Vertreter der Linksfraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor einem Jahr die Einsetzung eines Kinderbeauftragten ebenso befürworteten wie die Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung, hieß es damals vonseiten der Unionsfraktion, die dahingehenden Überlegungen innerhalb der Fraktion seien noch nicht abgeschlossen. Die Grundaussage der Petition sei aber richtig: Nicht zuletzt die breite Unterstützung für die Petition zeige, dass die Anliegen der Kinder derzeit „noch nicht gut genug im Parlament vertreten werden“, sagte vor einem Jahr Christina Schwarzer (CDU/CSU). Sie räumte aber damals bereits ein, dass es keinen expliziten Zeitplan für die Erarbeitung einer gemeinsamen Position der Unionsfraktion zu dem Thema gebe.
In der SPD-Fraktion diskutiere man noch über die Ausgestaltung der Position des Kinderbeauftragten, sagte deren Vertreterin vor einem Jahr. Auch die Kinderkommission des Bundestages habe noch kein abschließendes Votum erarbeitet, erklärte die Vorsitzende Susanne Rüthrich (SPD) damals. Gleichzeitig war sie sich mit den Vertretern der Fraktionen einig, dass die Kinderrechte in Deutschland gestärkt werden müssten.
„Unsere Unterstützer – die Kinder und Jugendlichen selbst, deren Familienmitglieder und solidarische Erwachsene – wollen wissen, warum unsere Petition noch immer nicht abschließend behandelt worden ist – ein Jahr nach der öffentlichen Anhörung“, schreibt Gahr jetzt in dem offenen Brief. „Wir bitten Sie daher noch einmal, sich für die Einsetzung eines Bundeskinderbeauftragten stark zu machen“, so sein Appell. © hil/aerzteblatt.de

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