Medizin
Explosionstraumata hinterlassen Narben im Gehirn
Mittwoch, 15. Juni 2016
Boston – Soldaten, die durch eine Explosion ein Schädel-Hirn-Trauma erleiden, zeigen später häufig Glianarben im Hirngewebe. Dies konnte eine Arbeitsgruppe um Daniel Perl an der University of the Health Sciences in Massachusetts an einer postmortalen Fallserie mit 22 Probanden feststellen. In Lancet Neurology berichten sie über ihre Beobachtungen (2016; doi: 10.1016/S1474-4422(16)30057-6).
Kombattanten, die im Krieg Opfer eines Explosionstraumas werden, können später komplexe neurologische Störungen entwickeln. Kopfschmerzen, Schlafprobleme, Gedächtnisschwächen oder eine posttraumatische Belastungsstörung sind häufige Folgeerkrankungen. Mit herkömmlichen Untersuchungsmethoden lassen sich jedoch oft keine spezifischen Pathologien erheben. Bildgebende Verfahren liefern nicht selten unauffällige Befunde. Dass die Neuronen jedoch einen konkreten Schaden erleiden, ist durch die Art des Traumas sehr wahrscheinlich.
Die Forscher fertigten eine Fallserie mit acht ehemaligen Soldaten an, die ein Explosionstrauma erlitten hatten und wenige Tage oder Monate später verstarben. 15 weitere Kontrollen hatten ebenfalls eine traumatische Hirnschädigung erlitten, jedoch wurden diese durch Verkehrsunfälle, Sportverletzungen oder Opioidmissbrauch ausgelöst.
Es zeigte sich, dass sich bei den Soldaten unabhängig vom Zeitpunkt des Traumas ein charakteristisches Narbenmuster im Gehirn bildete. Diese Narben waren in den Grenzzonen zwischen grauer und weißer Substanz, im perivaskulären Gewebe und an den Grenzen zu den Liquorräumen nachweisbar. Fünf Soldaten, deren Trauma mindestens sechs Monate zurück lag, hatten zu Lebzeiten die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung erhalten. Bei den Kontrollpersonen konnten die Wissenschaftler diese spezifischen Befunde nicht erheben.
Die Forscher schließen aus den Beobachtungen, dass bei den Explosionstraumata vor allem Gewebezonen gefährdet sind, in denen unterschiedliche biologische Strukturen aneinander grenzen. Diese Mikroverletzungen sind momentan nur histopathologisch zu sichern, könnten jedoch eine Rolle in der Entstehung der neuropsychiatrischen Erkrankungen spielen, meinen die Wissenschaftler. © hil/aerzteblatt.de

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